QuantenmechanikTeilchenphysik, relativistische Wellengleichung für Teilchen mit der Masse m und dem Spin s = 1/2. In kovarianter Schreibweise hat sie die Form
(1)
mit dem Lorentz-Index m = 0, 1, 2, 3, , und den Diracschen g-Matrizen gm , die sich durch 4 ´ 4-Matrizen darstellen lassen, die auf die vierkomponentige Wellenfunktion des Dirac-Feldes y(x) wirken (Dirac-Matrizen):
mit x = (ct, r). Dementsprechend handelt es sich bei der Dirac-Gleichung um ein System von vier Gleichungen, dessen (freie) Lösungen die beiden Spineinstellungen von Teilchen (Lösung positiver Energie) und Antiteilchen (Lösung negativer Energie) beschreiben.
Die Dirac-Gleichung ist die fundamentale Gleichung zur Beschreibung aller fermionischen Elementarteilchen, damit also, gemäss dem Standardmodell der Elementarteilchen, aller Materie; sie ist die grundlegende Bewegungsgleichung nicht nur der relativistischen Einteilchen-Quantenmechanik, sondern auch der Quantenfeldtheorien der Fermionfelder (Quantenelektrodynamik, Glashow-Weinberg-Salam-Modell der elektroschwachen Wechselwirkung und Quantenchromodynamik).
Die Dirac-Gleichung hat axiomatischen Charakter, sie kann also, gleich der nichtrelativistischen Schrödinger-Gleichung, nicht streng bewiesen werden, lässt sich jedoch mit Hilfe der relativistischen Beziehung zwischen Energie E = cp0 und Impuls p des Teilchens motivieren, wenn man letztere gemäss
in das Produkt zweier Ausdrücke zerlegt, die linear in E und p sind; dadurch wird die Analogie zur Schrödinger-Gleichung hergestellt, die die Energie ebenfalls nur linear enthält. Die Diracschen g-Matrizen gm müssen dabei den Relationen
, (2)
mit dem pseudoeuklidischen metrischen Tensor gmn genügen (g00 = - g11 = - g22 - g33 = 1, gmn = 0 für m ¹ n). Ersetzt man nun pm durch , so folgt direkt die Dirac-Gleichung (1).
Schreibweisen der Dirac-Gleichung:
1) In Komponentenschreibweise lautet die Dirac-Gleichung
mit a,b = 1, 2, 3, 4, wobei über doppelt auftretende Indizes jeweils summiert wird.
2) Dirac-Slash-Schreibweise: insbesondere in der Elementarteilchenphysik gebräuchlich ist die Form der Dirac-Gleichung in natürlichen Einheiten = c = 1 und der Konvention für einen beliebigen Vierervektor am. Mit und dem Ansatz für ein freies Teilchen ergibt sich
,
wobei der Viererspinor u unabhängig von x ist.
3) Bei der Suche nach Energieeigenzuständen ist es bequem, die Form
mit dem Hamilton-Operator H und b = g0, ak = bgk zu verwenden.
Verhalten unter Lorentz-Transformationen:
Bei Lorentz-Transformationen muss die Dirac-Gleichung forminvariant (relativistisch kovariant) sein. Daher transformieren sich y(x) und gm gemäss . Die Grössen S(L) bilden eine Spinordarstellung der Lorentz-Gruppe; sie sind 4 ´ 4-Matrizen, die der Relation genügen müssen.
Andererseits ist die Gleichung (2) bei beliebigen nichtsingulären Transformationen invariant. Die konkrete Darstellung der Dirac-Matrizen ist daher nur bis auf derartige Transformationen festgelegt.
Die Grösse genügt der Kontinuitätsgleichung , wobei
positiv definit und mit
ist; r kann daher als Wahrscheinlichkeitsdichte und j als Wahrscheinlichkeitsstrom im Sinne der Schrödingerschen Wellenmechanik interpretiert werden.
Die kräftefreie Dirac-Gleichung ist invariant unter räumlichen Spiegelungen (Paritätstransformation). Verzichtet man auf diese Invarianz, so genügen bei verschwindender Ruhemasse bereits zweikomponentige Spinoren zur Beschreibung dieser Teilchen (z.B. Neutrinos). (Weyl-Gleichung, Chiralität)
Lösungen der freien Dirac-Gleichung:
Die Dirac-Gleichung hat ebene Wellen der
Gestalt mit zur Lösung, wobei u(p) ein Viererspinor ist, der der Dirac-Gleichung im Impulsraum genügt.
Da sowohl positiv als
auch negativ sein kann, erhält man vier linear unabhängige Lösungen für u(p) und damit vier linear unabhängige Lösungen der Dirac-Gleichung; führt man ein, so lauten diese
mit dem Normierungsfaktor .
Die ersten beiden Lösungen gehören zu positiver Energie und Spin + 1/2 bzw. - 1/2, wie sich aus ihrem Verhalten unter Rotationen ergibt; die letzten beiden Lösungen gehören dementsprechend zu negativer Energie und Spin + 1/2 bzw. - 1/2. Die Lösungen zu negativer Energie erfordern eine sorgfältige Interpretation. Eine konsistente Beschreibung ist möglich im Rahmen relativistischer Quantenfeldtheorien mit Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Teilchen- und Antiteilchenzustände (zweite Quantisierung). Eine frühe Interpretation der Antiteilchen-Zustände geht auf Dirac zurück und führte zur theoretischen Vorhersage des Positrons (Dirac-See) (Diracsche Theorie des Elektrons). [BK1]
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