QuantenmechanikLaboratoriumsmethoden und -geräte, 1) Optik: Eigenschaft zweier Wellenzüge, die dann vorliegt, wenn ihre Phasenverschiebung an einem festen Ort entweder für alle Zeiten konstant bleibt oder wenn sie sich gesetzmässig mit der Zeit ändert. Inkohärenz bedeutet dementsprechend die Abwesenheit einer definierten Phasenbeziehung.
Kohärenz ist die Voraussetzung für das Auftreten von Interferenz. Während es möglich ist, Schallwellen oder von elektrischen Sendern emittierte Wellen auf praktisch unbegrenzte Zeit in sich kohärent zu halten, werden bei der Emission von Licht nur mehr oder weniger lange, in sich kohärente Wellenzüge ausgestrahlt. Zwei verschiedene Wellenzüge sind i.a. inkohärent und können deshalb nicht miteinander interferieren (eine Ausnahme bilden von Präzisionslasern emittierte Laserstrahlen mit sehr langen zusammenhängenden Wellenzügen). Interferenz kommt somit bei Licht nur zustande, wenn ein Wellenzug z.B. an einem Strahlteiler geteilt und an anderer Stelle wieder zusammengeführt wird. Der Gangunterschied darf jedoch die Länge der Wellenzüge (Kohärenzlänge) nicht überschreiten, bzw. der Laufzeitunterschied nicht die zeitliche Ausdehnung der Wellenzüge (Kohärenzzeit).
Allgemeiner bezeichnet Kohärenz einen definierten Phasenzusammenhang zwischen Zuständen verschiedener Energie oder zwischen mehreren Quasiteilchen. Besonders wichtig ist die Kohärenz bei Lasern, in der Kurzzeitspektroskopie und in der magnetischen Resonanz. In den letzteren Fällen wird die Kohärenz oft formal durch nichtverschwindende Nichtdiagonalelemente des Dichteoperators definiert.
2) Quantentheorie: In der Quantentheorie ist der Begriff der Dekohärenz grundlegend. Dekohärenz bezeichnet die im allgemeinen irreversible Entstehung klassischer Eigenschaften eines Quantensystems durch die unvermeidliche Wechselwirkung mit den Freiheitsgraden seiner Umgebung. Die Dekohärenz beruht auf der Entstehung eines verschränkten (nichtlokalen) Quantenzustands zwischen System und Umgebung, einem wesentlichen Aspekt der Quantentheorie. Das führt dazu, dass lokal (am System selbst) keine Information mehr über bestimmte quantenmechanische Interferenzterme vorliegt, obwohl diese im Gesamtsystem vorhanden ist. Das Quantensystem erscheint klassisch bezüglich einer Basis von Zuständen, der sogenannten Zeigerbasis, die durch die Wechselwirkung mit der Umgebung festgelegt wird. In älteren Arbeiten werden statt Dekohärenz oft die Begriffe kontinuierliche Messung (durch die Umgebung) oder von der Umgebung induzierte Superauswahlregeln verwendet. Die Idee der Dekohärenz wurde von H.D. Zeh in den siebziger Jahren entwickelt und von ihm sowie E. Joos, W.H. Zurek und anderen ausgearbeitet.
Der Grad der Dekohärenz hängt neben der Kopplung an die Umgebung von der Zustandsdichte des Systems ab. Im Extremfall ergibt sich (für kleine Zustandsdichten) der Zenoeffekt, d.h. die Dynamik des Systems wird vollständig eingefroren. Im allgemeineren Fall höherer Zustandsdichte wird die Dynamik des Systems durch Master-Gleichungen beschrieben, wie sie z.B. für den exponentiellen Zerfall massgeblich sind. Ein wichtiger Aspekt der Dekohärenz ist ihre praktische Irreversibilität, da die mit dem lokalen System verknüpfte (Verschränkungs-)Entropie bei der Dekohärenz zeitlich zunimmt. Obwohl der Ursprung dieser Irreversibilität ein ähnlicher wie bei der Relaxation (Übergang ins thermische Gleichgewicht) ist, wirkt die Dekohärenz im allgemeinen auf einer viel kürzeren Zeitskala bei makroskopischen Objekten typischerweise -mal der Zeitskala der Relaxation. Aus diesem Grund folgt die klassische reversible Mechanik als Grenzfall aus der reversiblen Quantenmechanik durch die irreversible Ankopplung an die Umgebung. Wegen der Kürze der Dekohärenzzeit ergibt sich oft der Eindruck von Unstetigkeiten (z.B. »Quantensprüngen«), obwohl die tatsächliche Dynamik für das Gesamtsystem durch die Schrödinger-Gleichung gegeben ist und somit stetig verläuft. In quantenoptischen Experimenten an mesoskopischen Systemen konnte der Prozess der Dekohärenz im Detail experimentell studiert werden. Beobachtet wird aber offenbar immer die Dekohärenz als »scheinbarer Kollaps«. Die Vermeidung von Dekohärenz ist wichtig für das Funktionieren von Quantencomputern.
Obwohl lokal keine Interferenzen zwischen verschiedenen Zuständen der Zeigerbasis feststellbar sind, besteht das Gesamtsystem weiterhin aus der nichtklassischen Superposition aller Zustände. Mit der Frage, ob es dort zusätzlich einen Kollaps der Wellenfunktion in einen bestimmten Zustand ergibt, beschäftigt sich die Theorie des Messprozesses in der Quantenmechanik. Die Dekohärenz ist auch wichtig für die Entstehung einer klassischen Raumzeitstruktur in der Quantengravitation.
Der Prozess der Dekohärenz sei an dem wichtigen Beispiel der Lokalisierung makroskopischer Objekte veranschaulicht. Seien der Ortseigenzustand eines makroskopischen Objektes und der Zustand eines einlaufenden Teilchens (als Modell für die Umgebung), das an dem Objekt streut. Vernachlässigt man die dynamische Rückwirkung auf das Objekt, so lässt sich die Streuung in der Form
schreiben, wobei die Streumatrix bezeichnet. Für den allgemeineren Anfangszustand eines Wellenpaketes mit als Wellenfunktion des Objektes ergibt sich daraus wegen des quantenmechanischen Superpositionsprinzips
also ein verschränkter Zustand zwischen Objekt und Teilchen. Die an dem Objekt verfügbare Information ist in der reduzierten Dichtematrix enthalten, die man durch Ausintegration des Umgebungszustandes erhält:
Für viele Streuprozesse erhält man einen exponentiellen Abfall der Nichtdiagonalelemente und damit der räumlichen Kohärenz:
Die Stärke der Lokalisierung wird durch beschrieben, wobei die Wellenzahl des einlaufenden Teilchens, den Fluss und den effektiven Wirkungsquerschnitt bezeichnen. Die Breite der Gauss-Funktion nennt man Kohärenzlänge. Die Tabelle enthält einige -Werte für verschiedene Objekte und Umgebungen. Die Zahlen belegen auf eindrückliche Weise die extrem starke Kopplung von makroskopischen Objekten an ihre Umgebung. Solche Objekte können daher nicht einmal näherungsweise als isoliert betrachtet werden. Lokalisierung durch Dekohärenz ist auch für die räumliche Struktur grösserer Moleküle verantwortlich, die sich im Gegensatz zu kleinen Molekülen wie H2 nicht in Energieeigenzuständen (z.B. mit diskreten Rotationsspektren) befinden.
Kohärenz: Dekohärenz Lokalisierungsrate in cm-2 s-1 für drei verschieden grosse Objekte und verschiedene Streuprozesse.
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a = 10-3 cm Staubteilchen |
a = 10-5 cm Staubteilchen |
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a = 10-6 cm grosses Molekül |
Kosmische Hintergrundstrahlung |
106 |
10-6 |
10-12 |
300 K-Photonen |
1019 |
1012 |
106 |
Sonnenlicht auf der Erde |
1021 |
1017 |
1013 |
Luftmoleküle |
1036 |
1032 |
1030 |
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Laborvakuum (103 Teilchen / cm3) |
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1023 |
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1019 |
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1017 |
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