Unumkehrbarkeit, die Tatsache, dass es Klassen von Phänomenen in der Natur gibt, die eine Zeitrichtung auszeichnen, d.h. deren zeitlich rückwärts ablaufende Version praktisch nie auftritt. Die deterministischen Grundgesetze der Physik hingegen zeichnen keine Zeitrichtung aus, so dass das Problem auftritt, die Irreversibilität physikalisch zu begründen. Es gibt Effekte bei der schwachen Wechselwirkung, welche nicht invariant unter Zeitspiegelung sind, doch kann diese CP-Verletzung nicht der Grund für die Irreversibilität sein: Wegen des CPT-Theorems lässt sich deren Nichtinvarianz durch eine Symmetrietransformation kompensieren, was bei irreversiblen Phänomenen nicht der Fall ist.
Im einzelnen beobachtet man die folgenden Klassen irreversibler Phänomene, auch Zeitpfeile genannt:
a) Strahlung: Obwohl die Maxwell-Gleichungen der Elektrodynamik zeitumkehrinvariant sind, werden in den meisten Situationen Felder durch retardierte Green-Funktionen statt avancierter Green-Funktionen beschrieben. Dabei kommt es meistens zu einer Dämpfung der Quelle. Die Irreversibilität der Strahlung kann auf die der Thermodynamik zurückgeführt werden.
b) Thermodynamik: Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik drückt die Nichtabnahme der Entropie in abgeschlossenen Systemen aus. Hingegen sind die zugrunde gelegten Gesetze der Mechanik (oder Quantenmechanik) zeitumkehrinvariant. Angewandt auf das Universum müsste die Gesamtentropie immer zunehmen und zu dessen Wärmetod führen. Scheinbare Paradoxien wie der Maxwellsche Dämon verschwinden, wenn der Begriff der Information nicht als ausserphysikalischer Begriff, sondern als ein Aspekt der Thermodynamik angesehen wird. Da der Zweite Hauptsatz auch auf Gedächtnisinhalte und physiologische Prozesse zutrifft, ist er zudem verantwortlich für den subjektiven Eindruck der Irreversibilität.
c) Messprozesse in der Quantenmechanik: Obwohl die Schrödinger-Gleichung zeitumkehrinvariant ist, besteht ein mit der Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Quantenmechanik verknüpfter Indeterminismus bezüglich der Zukunft. Man hat oft versucht, dies durch den »Kollaps der Wellenfunktion« dynamisch zu beschreiben. Ohne Kollaps führen quantenmechanische Wechselwirkungen zu einer zunehmenden Verschränktheit quantenmechanischer Zustände, verbunden mit dem Auftreten klassischer Eigenschaften für Subsysteme (Dekohärenz, Kohärenz). Den gleichen Ursprung hat die beim exponentiellen Zerfall beobachtete Irreversibilität.
d) Gravitation: Obwohl die Einstein-Gleichungen zeitumkehrinvariant sind, zeichnen gravitative Systeme in der Natur eine Zeitrichtung aus: Das Universum als Ganzes expandiert, während lokale Systeme wie z.B. Sterne, die aus einer Gaswolke entstehen, kontrahieren. Solche gravitierenden Systeme sind durch eine negative Wärmekapazität gekennzeichnet. Schwarze Löcher besitzen fundamentale thermodynamische Eigenschaften (Temperatur und Entropie), die mit dem Auftreten von Ereignishorizonten verknüpft sind.
Zur Begründung der Irreversibilität reichen rein statistische Argumente nicht aus, da es für die betrachtete Klasse von irreversiblen Phänomenen genauso viele zeitumgekehrte Lösungen gibt (Umkehreinwand von Loschmidt). Der Wiederkehreinwand von Poincaré greift hingegen nicht, da die entsprechenden Wiederkehrzeiten in praktisch allen Fällen viel zu gross sind. Statistische Argumente können angewandt werden, falls eine spezielle (niederentropische) Randbedingung vorliegt. Die Physik der Irreversibilität sieht sich zwei Aufgaben gegenüber: Zum einen muss sie sich der Beschreibung irreversibler Vorgänge widmen, was im allgemeinen durch Master-Gleichungen geschieht. Diese Gleichungen beschreiben die Dynamik ausgehend von einer niederentropischen Anfangsbedingung vorwärts in der Zeit. Zum anderen muss sie sich der Begründung der niederentropischen Anfangsbedingung widmen. Man vermutet, dass alle Zeitpfeile einen gemeinsamen Ursprung haben, der in der Kosmologie zu finden ist und wahrscheinlich erst in einer umfassenden Theorie der Quantengravitation formuliert werden kann.
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