Festkörperphysik, Schallquanten,
Elementaranregungen der Gitterschwingungen eines Festkörpers. Die Namensgebung
erfolgt in Analogie zu den Photonen als Quanten des elektromagnetischen Feldes.
Klassisch lassen sich die Schwingungen der Gitterbausteine in der harmonischen
und adiabatischen Näherung (Gitterschwingungen) durch die Wahl geeigneter
Phononenkoordinaten (Normalkoordinaten, Schwingungen, kleine) als ein Ensemble
ungekoppelter Oszillatoren der Frequenz auffassen. Dabei bezeichnet k den Wellenvektor der Gitterschwingung im i-ten Dispersionszweig (
, r: Anzahl der
Atome in einer Elementarzelle). Eine quantenmechanische Beschreibung führt auf
ein diskretes Energiespektrum der Gitterschwingungen mit Phononen als Träger
des Energiequants
(
: Plancksches
Wirkungsquantum). Die Energie einer mit n Phononen
angeregten Gitterschwingung vom Typ i und
Wellenvektor k ist dann
(Quantisierung der Gitterschwingungen), mit der
Nullpunktsenergie
der
Phononen. Je nach Dispersionszweig der angeregten Schwingung unterscheidet man
optische Phononen und akustische Phononen.
Phononen unterliegen der Bose-Einstein-Statistik und lassen sich daher auch als ununterscheidbare Teilchen eines idealen Gases (Phononengas) auffassen. Die Energiezustände des Phononengases sind im thermodynamischen Gleichgewicht analog zur Hohlraumstrahlung der Photonen nach der Planckschen Strahlungsformel verteilt. Dies erklärt die experimentell beobachtbare Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität: In Abweichung vom Dulong-Petitschen Gesetz verschwindet die spezifische Wärmekapazität eines Festkörpers für kleine Temperaturen auf Grund der Form der Phononenzustandsdichte gemäss T3 (Debyesches T3-Gesetz, Debyesche Theorie der spezifischen Wärmekapazität, Einstein-Modell). Ähnlich zum klassischen Gas kann im Phononengas Energietransport auch durch »Schallwellen« in Form von Fluktuationen in der lokalen Energiedichte erfolgen (Zweiter Schall).
Von Gitterschwingungen verursachte Übergänge können generell
durch Streuprozesse an Phononen beschrieben werden, bei denen jeweils
Energieerhaltung (Energiesatz) und Quasiimpulserhaltung (d.h. Impulserhaltung
bis auf einen Gitterimpuls , mit G: reziproker
Gittervektor) erfüllt sind. In der harmonischen Näherung verhalten sich
Phononen dabei wie Quasiteilchen mit unendlicher Lebensdauer und Quasiimpuls
(da keine effektive
Schwerpunktsbewegung der kollektiven Anregung der Atome vorliegt, tragen
Phononen keinen realen Impuls). Die bei der inelastischen Streuung von
Neutronen oder Röntgenstrahlung auftretenden Energie- und Impulsüberträge
entsprechen der Phononenabsorption oder -emission und führen direkt auf die
Dispersionsrelation für Phononen.
Anharmonische Beiträge im Potential der Rückstellkräfte des Gitters können im Rahmen der Störungstheorie behandelt werden und führen auf endliche Lebensdauern der Phononen. Die damit verbundenen anharmonischen Wechselwirkungen der Phononen mit Elektronen, Gitterfehlern oder Kristallgrenzen sind für den Energieaustausch im Phononengas verantwortlich und bestimmen daher im wesentlichen die thermischen und elektrischen Transporteigenschaften von Festkörpern. Weitere anharmonische Effekte sind beispielsweise thermische Expansion, die Temperatur- und Druckabhängigkeit elastischer Konstanten oder Abweichungen vom Dulong-Petitschen Gesetz bei grossen Temperaturen. Auf Grund der Quasiimpulserhaltung treten bei den anharmonischen Phonon-Phonon-Wechselwirkungen neben Normalprozessen auch Umklapp-Prozesse auf, durch die selbst bei kleinen Temperaturen noch grosse Impulsüberträge im Phononengas vermittelt werden. In Metallen kommt es zu weiteren Effekten z.B. im Phononenspektrum (Kohn-Effekt) oder in der elektrischen Leitfähigkeit (Drag-Effekt).
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