Schwingungen und Wellen, Schwingungen mit verhältnismässig geringer Amplitude. Häufig kann unter dieser Einschränkung die rücktreibende Kraft als zur Auslenkung proportional angesehen werden und das System führt lineare Schwingungen aus. Bei grösseren Auslenkungen müssen für reale Systeme bei der rücktreibenden Kraft meist auch höhere Potenzen der Auslenkung berücksichtigt werden. Es handelt sich dann um nichtlineare Schwingungen.
Bei der Betrachtung eines holonomen und konservativen Systems
mit Freiheitsgraden, das freie Schwingungen (d.h.
ohne Einfluss äusserer Kräfte) um eine stabile Gleichgewichtslage ausführt,
erhält man für die potentielle Energie
bzw. die kinetische Energie
unter Vernachlässigung der Glieder von höherer
als 2. Ordnung als Funktion der verallgemeinerten Koordinaten
(
)
mit symmetrischen Koeffizienten und
. In der
Gleichgewichtslage gelte
.
Die Lagrange-Gleichungen führen auf ein gekoppeltes System von
linearen homogenen Differentialgleichungen 2.
Ordnung mit konstanten Koeffizienten, die Schwingungsgleichungen
mit für die zu bestimmenden Funktionen
. Der
Lösungsansatz
mit komplexen Amplituden
führt auf ein algebraisches Gleichungssystem
für die Konstanten
, das nur für
bestimmte Werte der Kreisfrequenz
, den
Eigenfrequenzen des Systems, lösbar ist. Diese erhält man aus der
charakteristischen Gleichung
. Es ergeben
sich
unter Umständen mehrfache Lösungen
und entsprechend
verschiedene partikuläre Lösungen
Die ergeben sich aus dem Gleichungssystem durch
Einsetzen der verschiedenen
und die
sind beliebige komplexe Konstanten. Die
nennt man Eigenschwingungen des Systems. Sie
können, da es sich um harmonische Schwingungen handelt, als
Elementaroszillationen oder Elementaranregungen angesehen werden, die durch je
einen eindimensionalen harmonischen Oszillator repräsentiert werden könnten.
Die allgemeine Lösung ergibt sich als Überlagerung , mit
.
Führt man statt die
als unabhängige Variable ein, so lautet für
das Differentialgleichungssystem
, d.h. es ist
entkoppelt und zerfällt in
voneinander unabhängige
Schwingungsgleichungen. Kinetische und potentielle Energie haben dann die
einfache Gestalt
,
, wobei
mit konstanten und positiven
.
und
sind auf Hauptachsen transformierte
quadratische Formen. Man kann daher auch umgekehrt durch
Hauptachsentransformation der Lagrange-Funktion
von Anfang an die Lösung des Problems auf die
Behandlung von
unabhängigen Oszillatoren reduzieren. Die
Schwingungen dieser Oszillatoren heissen Haupt-, Normal- oder
Fundamentalschwingungen, die
Haupt-, Normal- oder Rayleighsche Koordinaten,
die
auch Normal- oder Fundamentalfrequenzen. Jede
beliebige Schwingung des Systems kann durch Überlagerung dieser
Fundamentalschwingungen dargestellt werden.
Die Benutzung von Normalkoordinaten ermöglicht eine einfache
Behandlung erzwungener Schwingungen (d.h. Schwingungen unter dem Einfluss
äusserer Kräfte). Die Bewegungsgleichungen für den ungedämpften Fall lauten , wenn die
die erregenden verallgemeinerten Kräfte sind.
Beim Übergang auf Normalkoordinaten transformieren sich diese ebenfalls. Es
folgt
mit
. Dies ist aber
identisch mit der erzwungenen Schwingung von
unabhängigen harmonischen Oszillatoren.
Die
Behandlung freier und erzwungener gedämpfter Schwingungen ist schwieriger, da
zusätzliche dissipative Kräfte wirken.
Von den Geschwindigkeiten linear abhängende Reibungskräfte
können über die Rayleighsche
Dissipationsfunktion
berücksichtigt werden, wobei die symmetrischen
Koeffizienten
zwar von den verallgemeinerten Koordinaten
abhängen, in der Umgebung der Gleichgewichtslage jedoch als konstant angesehen
werden können. Die von der Reibung herrührenden Zusätze zu den
verallgemeinerten Kräften ergeben sich damit zu
. Das
Differentialgleichungssystem für die Schwingungen erweitert sich um Summanden
und kann mit dem gleichen Ansatz gelöst
werden.
Aussagen über die Stabilität von Gleichgewichtszuständen
holonom-skleronomer Systeme kann man mit Hilfe der Methode kleiner Schwingungen
machen. Stabilität des Gleichgewichtszustandes liegt dann vor, wenn nach einer
kleinen Störung, d.h. einer Auslenkung des Systems aus der Gleichgewichtslage um
(
), die
mit wachsender Zeit abklingen oder wenigstens
beschränkt bleiben. Es ist durchaus möglich, dass dissipative Kräfte zu einer
Stabilisierung führen, falls das ungedämpfte System instabil ist.
Das freie Technik-Lexikon. Fundierte Informationen zu allen Fachgebieten der Ingenieurwissenschaften, für Wissenschaftler, Studenten, Praktiker & alle Interessierten. Professionell dargeboten und kostenlos zugängig.
TechniklexikonModernes Studium der Physik sollte allen zugängig gemacht werden.