Unterscheidbarkeit des physikalischen Verhaltens eines Systems (z.B. eines Elementarteilchens) von demjenigen des CP-gespiegelten Systems, an welchem die Operationen der Raumspiegelung P und Ladungskonjugation C vorgenommen wurden. Die Existenz CP-verletzender Prozesse kann als experimentell gesichert gelten, beschränkt sich allerdings bis heute ausschliesslich auf Beobachtungen im Zusammenhang mit den Zerfallsraten der neutralen K-Mesonen. Die endgültige Klärung der Ursache der CP-Verletzung steht jedoch noch aus.
Unter der Voraussetzung von CPT-Invarianz (CPT-Theorem) impliziert CP-Verletzung zugleich eine Verletzung der Zeitumkehrinvarianz T, wodurch eine Zeitrichtung in der Natur ausgezeichnet wird.
Erstmals wurde die CP-Verletzung 1964 von J.H. Christenson,
J.W. Cronin, V.L. Fitch und R. Turlay am Brookhaven National Laboratory in den
USA (Nobelpreis 1980 an Cronin und Fitch) beim Zerfall der neutralen K-Mesonen
beobachtet. Man beobachtet zwei solcher neutraler Kaonen, ein kurzlebiges, genannt, und eine langlebiges, mit
bezeichnet. Diese CP-Eigenzustände - es gilt
und
- sind nicht stabil, sondern zerfallen unter
schwacher Wechselwirkung, vorwiegend in drei bzw. zwei Pionen. Die
CP-Eigenschaften der Pionen im Endzustand sind bekannt: der p + p - -Endzustand hat den
CP-Eigenwert + 1, dem p + p - p0-Endzustand entspricht
der Wert - 1. Wäre die Natur
CP-symmetrisch, dürfte das Teilchen
nur in zwei Pionen, das
-Meson hingegen
nur in drei Pionen zerfallen. Etwa eines von dreitausend
-Teilchen
zerfällt jedoch in zwei Pionen. Die Tatsache, dass ein einzelner,
nichtentarteter Zustand
mit wohldefinierter Lebensdauer in zwei
Zustände mit verschiedenen CP-Werten zerfallen kann, muss als experimenteller
Beweis der CP-Verletzung gewerter werden.
Die beobachtete CP-Verletzung kann im Rahmen des
Standardmodells der Elementarteilchen dahingehend interpretiert werden, dass das
eine quantenmechanische Mischung zweier
Zustände ist, deren einer für den CP-verletzenden Zerfall in zwei Pionen
verantwortlich ist. Eine wesentliche Voraussetzung ist die Existenz einer
komplexen Phase d in der Quark-Mischungsmatrix (CKM-Matrix) bei drei oder
mehr Quark-Generationen. Die Mischung von K0 und
wird im Quarkmodell in führender Ordnung durch
Box-Diagramme (Abb.) beschrieben. Auf den äusseren Beinen befindet sich jeweils
der gebundene Quark-Antiquark-Zustand aus Down- bzw. Strange-Quarks, mit
und
. In den
virtuellen Zwischenzuständen kommen die Eichbosonen der schwachen
Wechselwirkung (W-Bosonen) und Quarks aus allen drei Generationen vor. Bisher
fehlt jedoch der Beweis, dass die beobachtete CP-Verletzung tatsächlich auf
diesen Mechanismus zurückzuführen ist, da die Phase d noch nicht
hinreichend genau bekannt ist. Es wurden daher noch zahlreiche andere Modelle
zur Erklärung der CP-Verletzung vorgeschlagen, z.B. wurde von Wolfenstein eine
fünfte, "superschwache Kraft" diskutiert.
Neben der bisher diskutierten CP-Verletzung aus der komplexen Phase der CKM-Matrix gibt es im Standardmodell noch die Möglichkeit der sog. starken CP-Verletzung (Q-Term in der starken Wechselwirkung), die ernsthafte, bis heute nicht zufriedenstellend gelöste theoretische Probleme aufwirft.
Nach über 30 Jahren intensiver Forschung ohne einen entscheidenden Durchbruch zum tieferen Verständnis der CP-Verletzung kann es als sehr wahrscheinlich gelten, dass neue Präzisionsexperimente noch vor dem Jahr 2000 entscheidende neue Erkenntnisse bereitstellen werden. Messungen in der Physik der neutralen B-Mesonen werden es entweder erstmals erlauben, CP-Verletzung ausserhalb des Systems der neutralen K-Mesonen zu beobachten, oder aber die Standardmodell-Erklärung der CP-Verletzung widerlegen. Neue Experimente zur direkten CP-Verletzung eröffnen die Aussicht, das superschwache Modell der CP-Verletzung auszuschliessen. Sehr vielversprechend ist auch die Suche nach elektrischen Dipolmomenten, insbesondere des Neutrons und bestimmter Atome, da für diese CP-verletzende Observable die Vorhersagen vieler Modelle bereits sehr nahe an den experimentellen Schranken liegen.
In der Kosmologie hat die CP-Verletzung eine grosse Bedeutung erlangt, da sie gemäss der Sacharowschen Theorie der Baryogenesis eine wesentliche Voraussetzung zur Erklärung des beobachteten Übergewichtes der kosmischen Materie (aus einem anfänglichen Gleichgewicht von Materie und Antimaterie) im Universum ist. _[BK1, UK]
CP-Verletzung: Box-Diagramme zu CP-Verletzung im System der neutralen Kaonen.
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