Thermodynamik und
statistische Physik, Bereich der statistischen Mechanik und der kinetischen
Theorie der Materie, der sich mit der molekular- bzw. quantenstatistischen
Beschreibung und Interpretation von Transportphänomenen befasst. Die
Hauptaufgabe der Transporttheorie besteht in der Formulierung und Lösung der
Transportgleichungen des jeweiligen Phänomens, d.h. der Beschreibung der
Teilchenbewegung innerhalb des betrachteten Vielteilchensystems mittels einer
(Ein-Teilchen-) Verteilungsfunktion fi(r, v, t).
Dabei bezeichnet fi(r, v, t)
drdv die Anzahl der
zur Zeit t am Ort r +
dr mit Geschwindigkeit v
+ dv zu erwartenden Teilchen der Sorte i. Eine exakte Lösung erfordert die Kenntnis der
Anfangsverteilung fi(r, v, 0) und der
Randbedingungen an der Oberfläche des transportierten Materieeinschlusses,
wobei es in vielen Fällen nicht nötig ist, die Gleichungen in ihrer ganzen
Allgemeinheit zu lösen. Hilfreich ist eine Klassifizierung von
Transportphänomenen innerhalb der Transporttheorie durch die Knudsen-Zahl l
= l / d, mit der
mittleren freien Weglänge l der Teilchen innerhalb
eines Systems der charakteristischen Längenskala d.
Man unterscheidet drei Regime: Im Kontinuumsregime () sind
die Wechselwirkungen mit dem Rand des Systems im Vergleich zu den internen
Wechselwirkungen vernachlässigbar, und die Verteilungsfunktion ist somit nahezu
vollständig durch die Wechselwirkungspotentiale der Teilchen untereinander
gegeben. Wird die Transportgleichung durch die Boltzmann-Gleichung beschrieben,
lassen sich daraus unter geeigneten Voraussetzungen sowohl die
Navier-Stokes-Gleichungen der Fluiddynamik als auch die phänomenologischen
Gesetze des Wärmetransports, des Impulsübertrags und der Diffusion (Ficksche
Gesetze) extrahieren. Ebenso erhält man Transportkoeffizienten der Diffusion,
Viskosität und thermischen Leitfähigkeit als Funktion der
Teilchen-Wechselwirkungspotentiale, was sowohl eine Berechnung von
Transportkoeffizienten unter Wahl eines geeigneten physikalischen Modells als
auch die Modellierung der Wechselwirkungspotentiale aus experimentell
bestimmten Transportgrössen ermöglicht. Erst im Übergangsregime (l » 1) und im Freie-Teilchen-Regime (
) wird es
notwendig, Transportgleichungen in Form von Integro-Differentialgleichungen
unter entsprechenden Randbedingungen zu lösen. Ein Beispiel dafür ist der
Transport von Neutronen, bei dem sowohl Absorption, elastische und inelastische
Streuung sowie die Entstehung neuer Neutronen durch Kernprozesse eine Rolle
spielen. Unter Vernachlässigung der Neutron-Neutron-Wechselwirkung wird der
Neutronen-Transport durch die Gleichung
beschrieben, mit den Wirkungsquerschnitten St für Neutron-Kern-Wechselwirkungen und Ss für Spaltungs- und andere Kernreaktionen und mit zusätzlichen Neutronenquellen N. Die Form von Ss ist im allgemeinen sehr kompliziert und kann mit im Rahmen der Transporttheorie entwickelten Näherungsmethoden behandelt werden. Diese beinhalten unter anderen die Entwicklung von fi(r, v, t) nach Kugelfunktionen, die Konvertierung von Integro-Differentialgleichungen in Integralgleichungen, Methoden der Diskretisierung (finite-difference discrete-ordinate-method) oder Monte-Carlo-Simulationen.
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