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Spinmodelle

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Autor:
Hans-Peter Ahlsen

Thermodynamik und statistische Physik, bezeichnen in der statistischen Mechanik eine grosse Klasse von Gittermodellen, deren lokale Zustandsgrössen als Spinfreiheitsgrade interpretiert werden können und die meist als Modelle zur Beschreibung der magnetischen Eigenschaften von Festkörpern dienen. Generell unterscheidet man Quantenspinsysteme und klassische Spinmodelle mit oft diskreten Spinvariablen. Hier soll nur von den letzteren die Rede sein.

Der Prototyp eines Spinmodells ist das Ising-Modell. Die lokalen Zustandsgrössen (Spins) nehmen zwei Werte (Spinmodelle) an und sind den Gitterpunkten zugeordnet. Das Energiefunktional setzt sich zusammen aus Beiträgen einer Kopplung zwischen nächsten (in seltenen Fällen auch entfernteren) Nachbarn – beim Ising-Modell dem Produkt benachbarter Spinvariablen – und einem Beitrag, der nur vom Wert der Variablen an einem Gitterpunkt abhängt und den Einfluss eines äusseren Magnetfeldes beschreibt. Wird die Energie so gewählt, dass im energetisch günstigeren Fall benachbarte Spinvariable denselben Wert annehmen, so dient dieses System als einfaches Modell für ein Ferromagnetikum, bei dem sich auf Grund der Coulomb-Abstossung (Coulomb-Barriere) und des Pauli-Prinzips die Elektronenspins in den äusseren Atomhüllen bevorzugt parallel ausrichten. Anderenfalls beschreibt das Modell ein Antiferromagnetikum. Wegen der Lokalität des Energiefunktionals können allerdings andere Eigenschaften eines Ferromagneten (beispielsweise die Weiss\'schen Bezirke) nicht beschrieben werden.

Kompliziertere Spinmodelle, die ebenfalls der Beschreibung eines Ferromagneten dienen, sind beispielsweise das U(1)-Modell in zwei Dimensionen (die Spinvariablen nehmen Werte auf einem Kreis an) oder das O(3)-Modell bzw. der klassische Heisenberg-Magnet. In diesem Fall werden die Spinvariablen durch dreidimensionale Vektoren fester Länge beschrieben. Sind die Spinvariablen N-komponentige komplexe Vektoren zi mit der Einschränkung Spinmodelle, so erhält man die CPN-Modelle.

Oft spricht man von Spinfreiheitsgraden, ohne dass jedoch die physikalische Interpretation eines Spins gegeben ist. Beispiele hierfür sind die Potts-Modelle oder die ZN-Modelle. Hierbei handelt es sich um Verallgemeinerungen des Ising-Modells, die oft weniger wegen ihrer physikalischen Anwendungen als aus theoretischen Gründen von Interesse sind.

Eine andere Klasse von Verallgemeinerungen des Ising-Modells ergibt sich, wenn man nicht nur den Gitterpunkten, sondern auch den Gitterlinien und/oder den Elementarplaketten Spinfreiheitsgrade zuordnet. Solche Modelle sind meist äquivalent zu bekannten anderen Gittermodellen, beispielsweise den Sechs-Vertex-Modellen oder den Acht-Vertex-Modellen in zwei Dimensionen, dem Ashkin-Teller-Modell oder dem zweidimensionalen BCSOS-Modell.

Spin-Modelle auf d-dimensionalen Gittern sind über den Transfermatrix-Formalismus äquivalent zu Quantenspinsystemen auf d-1-dimensionalen Gittern. Die Hauptbedeutung der klassischen Spinmodelle liegt in ihrer Einfachheit sowohl für die Entwicklung exakter Lösungsmethoden als auch für die Anwendung von Näherungsverfahren oder numerischer Verfahren (Monte-Carlo-Simulation). In manchen Fällen besteht eine gute qualitative Übereinstimmung mit der Phasenstruktur der physikalischen Systeme, beispielsweise zur Beschreibung des Curie-Punktes (Curie-Temperatur). Viele andere Phänomene hinsichtlich des magnetischen Verhaltens von Festkörpern lassen sich jedoch nur durch Quantenspinsysteme beschreiben.

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