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Atomhülle

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Julian Schultheiss

Elektronenhülle, Gesamtheit der im Atom gebundenen Elektronen. Die Atomhülle eines elektrisch neutralen Atoms mit der Kernladungszahl Z enthält Z Elektronen. Der Zustand der Atomhülle wird im Rahmen des Schalenmodells näherungsweise durch Angabe der besetzten Einteilchenzustände, d.h. der Elektronenkonfiguration beschrieben. Diese Einteilchenzustände werden durch die vier Quantenzahlen n, m, ml und ms charakterisiert (Atomorbital). Da die Elektronen als Fermionen dem Pauli-Prinzip unterliegen, werden mit steigendem Z die Einteilchen-Elektronenzustände mit dem energetisch niedrigsten beginnend zu solchen mit höherer Energie hin aufgefüllt. Unter einer Schale versteht man dabei

1) eine Elektronengruppe mit einer bestimmten Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, ... Die Schalen werden in der Reihenfolge wachsender Hauptquantenzahl n mit Grossbuchstaben, z.B. als K-, L-, M-, N-, O-, P-, Q-, ...-Schale bezeichnet;

2) innerhalb einer Elektronengruppe eine bestimmte Elektronenuntergruppe mit der Nebenquantenzahl l (l = 0, 1, 2, 3, ...). Man verwendet zu ihrer Angabe Kleinbuchstaben und spricht von einer 2s-, 4p-, 3d-, 5d-, ...-Schale.

Ist eine Elektronengruppe oder Elektronenuntergruppe vollständig besetzt, so wird sie als abgeschlossene Schale bezeichnet. Die Atome mit den Ordnungszahlen 2, 10, 18, 36, 54 und 86, die sogenannten Edelgase, weisen solche abgeschlossenen Schalen auf (Edelgaskonfiguration). Der Gesamtdrehimpuls dieser Konfiguration ist null, daher verschwindet auch das magnetische Dipolmoment. Die zwei Elektronen des leichtesten Edelgasatoms, des Heliums, bilden die K-Schale. Die nächste Schale, die L-Schale, vermag acht Elektronen aufzunehmen, welche gerade beim nächsten Edelgas, dem Neon (Ordnungszahl 10 = 2 + 8), erreicht sind. Mit dem elften Elektron wird wieder eine neue Schale, die M-Schale, begonnen. Diese kann zwar insgesamt 18 Elektronen aufnehmen, doch ist bei acht Elektronen eine "Unterschale" der M-Schale abgeschlossen, so dass die Ordnungszahl 2 + 8 + 8 = 18 wieder zu einem Edelgas, Argon, führt, und das 19. Elektron bereits die N-Schale beginnt, während die M-Schale erst später vollends zu 18 Elektronen aufgefüllt wird (dazu siehe unten). In ähnlicher Weise werden dann noch eine O-, P- und eine Q-Schale begonnen, die aber alle höchstens noch in Unterschalen voll besetzt werden.

Das erste Elektron, mit dem eine neue Schale begonnen wird, gehört jeweils zu einem Alkaliatom (Ordnungszahlen 3, 11, 19, 37, 55, 87) und besetzt einen s-Zustand der nächsten n-Schale. So kommt z.B. nach 2He mit der Konfiguration (1s)2, die der voll besetzten K-Schale entspricht, 3Li mit (1s)2 2s, also mit einem Elektron in der L-Schale. Dieser 2s-Zustand in der neu begonnenen Schale liegt energetisch wesentlich höher als die beim vorhergehenden Edelgas besetzten Einteilchenzustände. Die Schalenstruktur der Atomhülle ist in diesem Sinne primär energetischer Natur. Dieser energetischen Schalenstruktur entspricht jedoch auch eine räumliche: Die nach einem Edelgas eingebauten Elektronen halten sich bevorzugt in grossem Abstand vom Atomkern auf (Atomradius). Die radiale Dichteverteilung zeigt Maxima, die den Elektronen bestimmter Elektronenuntergruppen zukommen.

Die chemischen und optischen Eigenschaften des Atoms werden zu weiten Teilen von den Elektronen in nichtabgeschlossenen Schalen, den Valenzelektronen, bestimmt, während die Elektronen in den abgeschlossenen Schalen, die Rumpfelektronen, die zusammen mit dem Atomkern den Atomrumpf bilden, hierzu wenig beitragen. Durch diese charakteristische Schalenstruktur kommt der periodische Wechsel chemischer, optischer und anderer Eigenschaften der nach steigender Ordnungszahl angeordneten Elemente zustande, der im Periodensystem der Elemente seinen Ausdruck findet. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass in der Elektronenhülle nicht etwa Energieniveaus eines fest vorgegebenen Energieniveauschemas besetzt werden; vielmehr handelt es sich bei dieser Betrachtung der Atomhülle um eine Einteilchennäherung für die Energieniveaus in einem effektiven Potential, das seinerseits durch die Gesamtheit der in der Atomhülle enthaltenen Elektronen bestimmt wird (Zentralfeldnäherung). Indem eine neue Schale weiter aufgefüllt wird, verändert sich das Energieniveauschema der bereits besetzten Einteilchenzustände. Daraus erklärt sich auch die Tatsache, dass, wie oben erwähnt, sich nach Abschluss einer Achterschale bei Besetzung des s-Zustandes der nächsten n-Schale eine kleinere Gesamtenergie der Atomhülle ergibt als mit einem d-Zustand der gerade im Aufbau begriffenen Schale.

Die Grundlage für die Berechnung der Energie und der Elektronendichte der Atomhülle im Grundzustand bilden quantenmechanische Näherungsmethoden (Atomtheorie), die bisweilen auch mit bestimmten modellhaften Vorstellungen vom Aufbau der Atomhülle verbunden sind (Atommodelle).

Die Gesetzmässigkeiten der energetischen Anordnung der Elektronen innerhalb der Unterschalen für leichte Atome wurde mit Hilfe der 1927 von F. Hund angegebenen empirischen Hundschen Regeln erfasst. Die wichtigste dieser Regeln besagt, dass der Grundzustand eines Atoms die höchstmögliche Multiplizität besitzt, wobei sich die Multiplizität M aus der Spinquantenzahl S zu M = 2 S + 1 ergibt. Diese Regel bedeutet, dass beim Auffüllen der Unterschalen im Periodensystem die Parallelstellung der Spinmomente der Valenzelektronen energetisch günstiger ist als deren gegenseitige Absättigung, wenn das Pauli-Prinzip die Spinabsättigung nicht erfordert. Dieser Fall tritt beispielsweise bei den halbgefüllten p- und d-Unterschalen der Elemente N, Cr und Mo ein, bei denen es verschiedene Orientierungsmöglichkeiten des Bahndrehimpulses L gibt.

Die Energiemenge, die man aufwenden muss, um alle Elektronen der Atomhülle unendlich weit vom Atomkern und voneinander zu entfernen, bezeichnet man als Bindungsenergie. Sie ist in allen angeregten Zuständen kleiner als im Grundzustand. Da man dem Zustand ohne Wechselwirkung, in dem alle Elektronen im Unendlichen ruhen, die Energie Null zuordnet, stimmen die Energieeigenwerte der gebundenen Zustände dem Betrag nach mit der Bindungsenergie im jeweiligen Zustand überein. Die Bindungsenergien sind positiv und liegen zwischen 13,6 eV für das Wasserstoffatom und grössenordnungsmässig 100 keV bei den schweren Atomen.

Alle diese Angaben beziehen sich auf den Grundzustand des Atoms. Durch Anregung können ein oder mehrere Elektronen in höhere Zustände kommen (also z.B. beim Kalium das äusserste Elektron aus der N-Schale auf die noch völlig unbesetzte O-Schale oder eine noch höhere Schale), wodurch das ganze Atom ein höheres Energieniveau einnimmt. Da durch Übergänge von einem höheren zu einem niedrigeren Energieniveau die Energiedifferenz in Form elektromagnetischer Strahlung frei wird, deren Frequenzen diejenigen der vom Atom ausgesandten Spektrallinien sind, besteht ein sehr enger Zusammenhang zwischen dem Atombau und der Theorie der Atomspektren.

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