Festkörperphysik, Linienform des NMR-Spektrums. In das NMR-Spektrum gehen als physikalische Wechselwirkungen, die die Form der Resonanzlinien beeinflussen, die Dipol-Dipol-Wechselwirkung, die Anisotropie der chemischen Verschiebung und die Quadrupolwechselwirkung ein.
Anders als in Flüssigkeiten, wo man Lorentz-förmige Linien (T2: Spin-Spin-Relaxationszeit) findet, gibt es in Festkörpern zusätzliche Verbreiterungsmechanismen für die Resonanzlinien. Zum einen bewirken die starren Bindungen in Festkörpern, dass sich die scharfen Linien, die man an Einkristallen erwartet, in polykristallinen Proben zu einem Pulverspektrum erweitern. Auf Grund von Effekten, die die Eindringtiefe des Experimentes beschränken (z.B. Skin-Effekt, Abschirmströme in Supraleitern), werden oft Pulverproben verwendet.
Zum anderen mittelt sich die Dipol-Dipol-Wechselwirkung in Festkörpern nicht aus. Für zwei homonukleare Kerne entsteht das sog. Pake-Dublett. Aus der Aufspaltung der Linie Dn kann unmittelbar der Abstand der beiden Kerne r gemäss bestimmt werden. Wird die Dipol-Dipol-Wechselwirkung von drei Kernen dominiert, entsteht ein komplexeres Spektrum, da die neuen Freiheitsgrade für Bindungslängen und -winkel eine Vielzahl von Kombinationen erlauben. Im Fall heteronuklearer Kerne ändern sich die Faktoren, da zwei verschiedene Kerne in die Gleichungen eingehen.
Im allgemeinen sind in Festkörpern jedoch viele Kerne an der Dipol-Dipol-Wechselwirkung beteiligt. Dann verschmiert die Aufspaltung durch die Überlagerung vieler Terme, so dass eine deutlich verbreiterte, Gauss-förmige Linie entsteht:
(s steht in Bezug zur Linienbreite). Dennoch kann aus der vollen Halbwertsbreite (FWHM) unter Ausnutzung der Methode der Momente strukturelle Information aus der Linienbreite gewonnen werden.
Die chemische Verschiebungsanisotropie reflektiert in Festkörpern eine weitere Richtungsabhängigkeit des lokalen, am Kernort gesehenen Magnetfeldes, die von der abgewandelten Bewegung der Ladungsverteilung der Elektronen im starken äusseren Feld herrührt. Der Einfluss der chemischen Verschiebung auf die Linienform steigt proportional zur Stärke des äusseren Magnetfeldes an.
Während sich für kubische Gittersymmetrie der isotrope Wert einstellt (chemische Verschiebung), ergeben sich charakteristische Aufspaltungen für niedrigere Symmetrien, aus denen sich Bindungslängen, Bindungswinkel und Koordinationszahlen herauslesen lassen.
Die Quadrupolaufspaltung (Kernquadrupolresonanz) bewirkt sowohl das Auftreten von Satellitenlinien (1. Ordnung) als auch eine Feinaufspaltung im -Übergang (2. Ordnung). Je nach Stärke der Quadrupolkopplung und des angelegten Magnetfelds können die Satelliten mit der Zentrallinie überlagern und die beobachtete Linienform verfälschen. Die Aufspaltung 2. Ordnung ist dagegen eine echte Änderung der Linienform. Sie hängt von der Stärke der Wechselwirkung und vom Asymmetrie-Parameter, der die lokale Symmetrie in Einheiten des Wechselwirkungstensors widerspiegelt, ab und ist propotional zu , d.h. zur Quadrupolfrequenz und der Larmor-Frequenz.
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