Techniklexikon

Multiplizität

Atom- und MolekülphysikKernphysik, Vielfachheit, 1) Anzahl der zu einem Multiplett von Spektrallinien gehörenden Komponenten.

2) Anzahl der zu einem Multiplett von Termen gehörenden Terme. Bei normaler Kopplung ist die Multiplizität gleich 2S + 1 für S £ L und 2L + 1 für S > L. Hierbei ist S die Quantenzahl des Gesamtspindrehimpulses und L die des Gesamtbahndrehimpulses der Atomhülle. Innerhalb eines Termsystems (festes S) wird bei wachsendem L ein grösster Wert der Multiplizität erreicht. S = 0 ergibt demnach ein Singulett-Termsystem mit der Multiplizität 1, der Gesamtspin S = 1 / 2 ein Dublettermsystem mit der Multiplizität 2 usw.

3) Wahrscheinlichkeit für die Erzeugung bestimmter Teilchen oder Teilchensorten im Verlauf einer Kern- oder Elementarteilchenreaktion. Die experimentelle Multiplizität folgt einer statistischen Verteilungsfunktion und ergibt sich als Zahl der koinzidenten Ereignisse in einer Messung mit der Vielfach-Koinzidenzmethode bei ausreichend grosser Zahl von Detektoren. Der experimentelle Mittelwert der Multiplizität ist ein Mass für den mittleren Drehimpuls des Kerns im angeregten Zustand.

Die Gammamultiplizität für die Abregung eines hochangeregten Kerns in Schwerionenstössen über die Rotationsbande zum Grundzustand ist grösser Eins. Die Teilchenmultiplizitäten in relativistischen und ultrarelativistischen Schwerionenstössen liegen bei einigen hundert bis mehreren tausend, was spezielle Anforderungen an die Zähler- und Datenauslesetechnologien stellt. Insbesondere müssen die Detektoren zum vollständigen Einzelnachweis aller Teilchen hochgranular aufgebaut werden.

Die Multiplizität dient gleichermassen zur Klassifizierung eines Stossprozesses. So hängt die Protonenmultiplizität im relativistischen Schwerionenstoss von der Zahl der am Stoss beteiligten Nukleonen ab. Sie unterscheidet so zwischen peripheren und zentralen Stössen und erlaubt eine Stossparameter-Zuordnung.