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Huygens

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Martina Wagner

Christiaan, niederländischer Physiker, Mathematiker, Astronom, *14.4.1629 in Den Haag, †8.7.1695 in Den Haag. Huygens stammt aus einer angesehenen holländ. Diplomatenfamilie, studierte von 1645 bis 1647 in Leiden Rechtswissenschaften, wo er auch bei F. van Schooten mathematische Vorlesungen hörte, danach verbrachte er zwei Jahre am Athenaeum in Breda, wo vor allem J. Prell sein Lehrer war. Bis auf einige Reisen nach Paris und London lebte er in den Jahren 1649-1666 ununterbrochen in Den Haag, wo er sich ganz der wissenschaftlichen Arbeit widmete. Bei Gründung der Académie Royale des Sciences im Jahre 1666 wurde Huygens nach Paris berufen, wo er 15 Jahre lang die Geschicke der Akademie entscheidend mitbestimmte. Er lernte 1673 in Paris Leibniz kennen, für den er bis zu dessen Abreise aus Paris im Jahre 1676 ein väterlicher Freund war. Ab 1681 lebte er bei Den Haag auf seinem Landgut Hofwijck, wo heute ein Museum ist. Um Newton persönlich kennenzulernen, dessen 1687 erschienene Principia er wegen ihres mathematischen Inhalts bewunderte, obwohl er die Vorstellung von der Schwerkraft als einer Fernkraft ablehnte, reiste Huygens 1689 noch einmal nach London.

Huygens war nicht nur ein genialer Experimentator und Erfinder, sondern auch einer der bedeutendsten Mathematiker seiner Zeit, allerdings stand er der neuen von Leibniz und Newton begründeten Infinitesimalrechnung skeptisch gegenüber. Durch meisterhafte Beherrschung der alten synthetischen Verfahren und unter Benutzung exakter archimedischer Exhaustionsbeweise gelangen ihm eine Reihe schwieriger Quadraturen und Kubaturen. Bereits 1651 widerlegte er in seiner Schrift »Theoremata de quadratura« die von Gregorius a Sancta Vincentio behauptete Möglichkeit der Quadratur des Kreises und berechnete 1654 in seiner Arbeit zur Kreismessung »De circuli magnitudine inventa« die Zahl p bis auf neun Stellen genau. Mit seiner Schrift »Tractatus de ratiociniis in aleae ludo« aus dem Jahre 1657 wurde er zum Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Seit 1655 beschäftigte sich Huygens mit dem Bau und der Verbesserung von Mikroskopen und Fernrohren; dank seiner Untersuchungen der Strahlengänge in Linsen und Linsensystemen sowie ihrer optimalen Anordnung galten die von ihm gebauten optischen Instrumente als die besten ihrer Zeit. Mit seinen Fernrohren gelang ihm 1659 die Entdeckung des Saturnringes und die erste Beobachtung des Orionnebels.

Bereits 1657 erhielt Huygens ein Patent für eine Pendeluhr, deren Genauigkeit zwar die damals üblichen Uhren weit übertraf, aber noch von der Grösse der Pendelschwingungen abhing. Die Benutzung eines Zykloidenpendels zur genauen Regulierung des Uhrenganges veröffentlichte er 1673 in seiner Schrift »Horologium oscillatorium«; diese Schrift ist eines der wichtigsten Werke der Physikgeschichte und hatte auf I. Newton grossen Einfluss. Es enthält neben der Entdeckung des Tautochronismus der Zykloide auch die von Huygens erstmals entwickelte Theorie der Evoluten und Evolenten. In einem Anhang führt Huygens zum ersten Mal den Begriff der Zentrifugalkraft in die Physik ein und teilt ihre wichtigsten Eigenschaften mit.

Huygens war der erste Physiker, der sich der Gleichwertigkeit von Ruhe und gleichförmiger Bewegung als Folge des Trägheitsgesetzes bewusst war und darum die Naturgesetze so zu formulieren versuchte, dass sie dieser Gleichwertigkeit genügen. Mit diesem »Prinzip der Relativität« konnte er 1669 in seiner Schrift »Regulae de Motu Corporum ex mutuo impulsu« die richtigen Stossgesetze für den elastischen Stoss formulieren. Licht besteht für Huygens aus Stosswellen, die mit endlicher Geschwindigkeit durch den Äther laufen, der seiner Meinung nach aus winzigen elastischen Teilchen besteht, die von der eintreffenden Stosswelle zu Schwingungen erregt werden und Ausgangspunkt einer unendlich schwachen Elementarwelle sind; die Enveloppe der Fronten aller dieser Elementarwellen ergibt dann die tatsächliche Lichtwelle. Mit Hilfe dieses Huygensschen Prinzips konnte er sowohl die Reflexion und Brechung des Lichtes erklären als auch die am Kalkspat beobachtete Doppelbrechung.

Huygens war ein typischer Vertreter der cartesischen Physik, deren letztes Ziel es war, »die Ursachen aller natürlichen Effekte auf mechanische Gründe zurückzuführen«, darum waren für ihn die Wechselwirkungen beim direkten Kontakt der verschiedenen Materieteilchen (Körperatome, Ätherteilchen, Teilchen der »feinen Materie«) die Ursachen aller Naturerscheinungen. Beispielsweise versuchte er die Gravitation mit Hilfe eines Wirbels aus Teilchen einer »feinen Materie« um die Erde herum zu erklären, deren zentrifugales Streben ein zentripetales Streben der Körper hervorrufen sollte, und welches er für die Gravitation hielt.
Literatur: Oeuvres complètes de Christiaan Huygens, Tome I-XXII, La Haye 1888-1950.

Huygens

Huygens, Christiaan

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