Biographien, Werner Karl,
*5.12.1901 in Würzburg; 1.2.1976 in München. Heisenberg studierte an den
Universitäten München (1920-22, Dr. phil. 1923 bei Arnold Sommerfeld) und
Göttingen (WS 1922-23 bei Max Born), habilitierte sich 1924 in Göttingen und
war Stipendiat (1924-25) und Dozent (1926-27) bei Niels Bohr in Kopenhagen.
Einem Ordinariat in Leipzig (1927-42) folgte die Leitung des
Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Institutes für Physik in Berlin (1942-45 mit
Professur an der Universität), Göttingen (1946-58) und München (1958-70). 1933
erhielt er den Physik-Nobelpreis für 1932.
In 50jähriger, äusserst aktiver wissenschaftlicher Tätigkeit hat Heisenberg die
Physik seines Jahrhunderts, namentlich die Gebiete Atom-, Kern- und
Elementarteilchenphysik, entscheidend mitgestaltet. Frühe Untersuchungen über
die Quantentheorie der Atomstruktur - dazwischen in der Doktorarbeit die Lösung
des klassischen Turbulenzproblems - führten ihn zum Durchbruch in der
Quantenmechanik (Juli 1925 Vertauschungsrelationen), dem sich die Formulierung
der Matrizenmechanik (Sommer 1925 mit Max Born und Pascual Jordan) und die
Entdeckung der später nach ihm benannten Unbestimmtheitsrelationen
(Heisenbergsche Unschärferelation, März 1927) als Basis für die physikalische
Deutung der Quantentheorie anschlossen. Bei der Lösung des Heliumproblems (Juni
1926) führte er das sog. Austauschintegral ein, das nicht nur (1927 durch
Walter Heitler, Fritz London u.a.) zur Quantenchemie führte, sondern Heisenberg
später zur Erklärung des Ferromagnetismus (Mai 1928) und der Kernstruktur (Juni
1932 »Austauschkräfte«) diente. In den 30er Jahren gelangen ihm bedeutende
Beiträge zur Erforschung der Erscheinungen in der kosmischen Strahlung (1936
»explosive« Schauer, 1938 Mesonenzerfall mit Hans Euler) sowie zur relativistischen
Quantenfeldtheorie, die er 1929 mit Wolfgang Pauli begründet hatte; ab 1942
entwickelte er eine neue Elementarteilchenbeschreibung, die sog.
Streumatrixtheorie. Die Idee einer einheitlichen Quantenfeldtheorie aller
grundlegenden Bausteine der Materie und ihrer Wechselwirkungen, die er seit
1930 mit Pauli verfolgte, konnte er trotz mancher Ansätze (1958 nichtlineare
Spinortheorie mit spontaner Symmetriebrechung) nicht verwirklichen.
Nachdem er gefährliche Angriffe der sog. Deutschen Physik im
Dritten Reich auf ihn als Vertreter der modernen »jüdischen« Quanten- und
Relativitätstheorien abgewehrt hatte, beteiligte sich Heisenberg als
Gruppenleiter am deutschen Atomenergie- und Waffenprojekt des Zweiten
Weltkrieges (1939 Reaktortheorie, Mai 1942 prinzipieller experimenteller
Durchbruch zur Reaktoranordnung mit Robert Döpel). Seit 1945 förderte er
nachhaltig den Wiederaufbau der Physik in Westdeutschland (1949-51 Präsident
des Deutschen Forschungsrates, später Vorsitzender verschiedener
Atomkommissionen) und die Erneuerung der internationalen wissenschaftlichen
Beziehungen (1952 Beitritt zum CERN, 1953-75 Präsident der Alexander von
Humboldt-Stiftung). Sein Institut für Physik, das er 1947 durch die Astrophysik
erweiterte, wurde zur Keimzelle einer Reihe weiterer physikalischer
Max-Planck-Institute (Astrophysik und Extraterrestrische Physik 1958 bzw. 1963;
Plasmaphysik 1960 und Quantenoptik 1981). Heisenberg gehört nicht nur als
Forscher, Lehrer und Organisator zu den Grossen der Naturwissenschaft, sondern auch
zu den originellsten Anregern neuer philosophischer Fragestellungen im 20.
Jahrhundert (Kausalität, Symmetriebetrachtungen, »Schichtenordnung« der
Wirklichkeitsbeschreibung).
Literatur: Gesammelte Werke, 9 Bände, Berlin und München 1984-93;
Der Teil und das Ganze, München 1969;
A. Hermann: Werner Heisenberg, Reinbek 1976;
D. Cassidy: Werner Heisenberg. Leben und Werk, Heidelberg 1992.
Heisenberg, Werner Karl
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