Debye-Hückel-Onsager-Theorie,
Debye-Hückel-Onsager-Falkenhagen-Theorie, Theorie der interionischen
Wechselwirkungen in Elektrolytlösungen (Elektrolyse, Elektrodenvorgänge). Diese
Theorie kann insbesondere die Konzentrationsabhängigkeit der
Äquivalentleitfähigkeit L = s/h erklären (s:
elektrolytische Leitfähigkeit, h: Molarität, d.h. Anzahl der
Grammäquivalente in einem Liter Lösungsvolumen). Die interionischen
Wechselwirkungen beruhen auf den - im Vergleich zur Ionengrösse - weitreichenden
Coulomb-Kräften. Diese führen zur Ausbildung von Gegenionenwolken (Ionenatmosphären),
die die Ladung des Zentralions teilweise kompensieren (Solvatisierung, in
wässriger Lösung auch Hydratisierung). Die Grösse dieser Ionenwolken, ausgedrückt
durch den Debyeschen Abschirmradius (oder die Debye-Länge) rD, hängt von der
Konzentration c und der Wertigkeit f des Elektrolyten und der
Temperatur T und der Dielektrizitätskonstanten e des Lösungsmittels
ab. Hohe Werte von c und f und niedrige Werte von T und e
bedeuten einen kleinen Debye-Radius und damit eine starke interionische
Wechselwirkung. Auf- und Abbau der Ionenwolke sind mit einer charakteristischen
Relaxationszeit t verbunden, die proportional zu ist (Debye-Relaxation). Diese ist massgeblich
für die Transportkoeffizienten (elektrische Leitfähigkeit, Viskosität und
Diffusionskoeffizient) der Elektrolytlösung. Insbesondere wächst die
Leitfähigkeit mit der Temperatur, die Viskosität nimmt ab. Wird ein
elektrisches Feld an die Lösung gelegt, so bewegen sich Zentralion und
Ionenwolke entgegengesetzt, so dass die Wolke asymmetrisch verformt wird. Die
Mitnahme von Lösungsmittel durch die Ionenwolke führt zum elektrophoretischen
Effekt, der u.a. die Leitfähigkeit herabsetzt (Elektrophorese,
elektrokinetische Erscheinungen). Ist das elektrische Feld so gross, dass sich
die Ionen in der Relaxationszeit weiter als rD bewegen, kann sich die
Wolke nicht mehr ausbilden, und L steigt auf den Wert bei unendlicher
Verdünnung an (Feldstärkeeffekt der Leitfähigkeit). Bei Wechselfeldern mit
Frequenzen n
>
1/t
verschwindet der Relaxationseffekt ebenfalls, und L bzw. s
nehmen mit der Frequenz zu (Dispersionseffekt der Leitfähigkeit oder
Debye-Falkenhagen-Effekt).
Die Grundannahmen der Debye-Hückel-Theorie - vollständige Dissoziation, nur Coulomb-Kräfte sind wirksam, Ionen sind unpolarisierbare Punktladungen - gelten nur für verdünnte Lösungen (c < 10 - 3...10 - 2mol/kg). Bei höheren Konzentrationen treten quantitative und qualitative Abweichungen auf. [MD]
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