Astronomie und Astrophysik, die auf Grund von Kernprozessen in der Sonne emittierten Neutrinos. Bei der Energieerzeugung in der Sonne werden Neutrinos freigesetzt, die nahezu ungehindert die Sonne verlassen können, da sie nur der schwachen Wechselwirkung unterliegen (Energieerzeugung der Sterne). Auf Grund dieser geringen Wechselwirkungsrate werden solare Neutrinos nur mit grossvolumigen Flüssigkeitstanks nachgewiesen, die zumeist für eine bestimmte Neutrino-Einfangsreaktion empfindlich sind. So arbeitet der erste derartige Neutrinodetektor, der 1967 in der Homestake-Mine im amerikanischen South Dakota seinen Betrieb aufnahm, mit 600 t Chlor, während das Experiment GALLEX im Gran Sasso Massiv mit 30 t Gallium arbeitet. In beiden Detektoren reagieren einige Neutrinos mit den Chlor- bzw. Galliumatomen, die daraufhin über Betazerfälle zu Argon bzw. Germanium zerfallen. Diese Zerfallsatome werden chemisch ausgefiltert und nachgewiesen. Zum Schutz vor energiereichen Teilchen aus der Atmosphäre und der kosmischen Strahlung sind diese Neutrinodetektoren daher in Bergwerken untergebracht. Andere Neutrinodetektoren arbeiten mit schwerem Wasser und weisen die Streuung von Neutrinos an Elektronen über die von diesen ausgesandte Tscherenkow-Strahlung nach (SNO, Neutrinoastronomie).
Bereits die ersten Neutrinomessungen zeigten, dass weit weniger Neutrinos nachgewiesen wurden als man auf Grund des Standardmodells des Sonneninnern erwartet hatte. Dieses sog. solare Neutrinoproblem hatte sich zwar mit Einführung der Galliumexperimente etwas reduziert, dennoch werden bislang nur etwa 70 % der solaren Neutrinos nachgewiesen. Zur Lösung des Problems wurden zwei Möglichkeiten vorgeschlagen:
Die erste geht davon aus, dass die Modelle des Sonneninneren fehlerhaft sind und auf Grund noch unbekannter Prozesse weniger solare Neutrinos entstehen als nach dem Standardmodell erwartet werden. Diese Lösung ist unbefriedigend und wird üblichwerweise zurückgewiesen, da das Standardmodell eine Reihe von Parametern, etwa die Schallgeschwindigkeit in der Sonne, richtig vorhersagen kann, wie in jüngster Zeit durch Messungen mit Hilfe der Helioseismologie bestätigt wurde.
Als zweite Möglichkeit wird vorgeschlagen, dass die Neutrinophysik von falschen Voraussetzungen ausgeht und abgeändert werden muss. Demnach sind Neutrinos nach ihrer Entstehung keineswegs unveränderlich, sondern können sich auf ihrem Weg durch das Weltall in andere Neutrinosorten umwandeln. Da die Detektoren aber ausschliesslich Elektron-Neutrinos nachweisen, bleibt ein relevanter Anteil an Neutrinos unentdeckt. Obwohl diese Annahme derzeit weitgehend akzeptiert wird, hängt sie entscheidend von der Ruhemasse der Neutrinos ab (Neutrinomasse). Besitzt das Neutrino die Ruhemasse Null, ein Wert, der durchaus mit verschiedenen Experimenten zur Massenbestimmung von Neutrinos vereinbar ist, dann sind solche Neutrinooszillationen nicht möglich. Bei einer von Null verschiedenen Ruhemasse bietet diese Theorie nicht nur eine befriedigende Erklärung für das solare Neutrinoproblem, sondern legt sofort entscheidende Parameter für die Kosmologie fest, da dann auch die Massenverteilung im frühen Universum von den Neutrinos dominiert wird. Eine Reihe von Experimenten das überzeugendste am Superkamiokande haben zwar Hinweise auf Neutrinooszillationen gegeben, doch derzeit ist ein klarer Beweis noch nicht möglich. Eine Lösung des Problems erhofft man sich von neuen Neutrinodetektoren, die mit schwerem Wasser arbeiten und in der Lage sein sollen, alle drei Neutrinoarten nachzuweisen.
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