Astronomie und Astrophysik, Teilgebiet der Astronomie, das sich mit dem Nachweis der aus dem Weltraum kommenden Neutrinos befasst. Diese Elementarteilchen entstehen vornehmlich bei den Kernreaktionen im Innern der Sterne, bei der Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit interstellarer Materie und in Supernovae. Im Innern der Sonne beispielsweise werden 1,8 × 1038 Neutrinos pro Sekunde frei. Ausserdem ist das Universum angefüllt mit Neutrinos aus dessen Frühphase. Das Verhältnis dieser primordialen Neutrinos zu Protonen wird auf 109 geschätzt.
Das entscheidende Problem für die Neutrinoastronomie ist der verschwindend kleine Wirkungsquerschnitt von Neutrinos mit jeder Art von Materie. Der erste astronomische Neutrinodetektor nahm Ende der 60er Jahre in der Homestake Mine, einem alten Bergwerk in South Dakota, USA, seinen Betrieb auf. Hierbei machte man sich zunutze, dass sich das Chlorisotop 37Cl bei Einfang eines Elektron-Neutrinos in 37Ar umwandelt. Dieses lässt sich auf Grund seines radioaktiven Zerfalls (Halbwertszeit 35 d) mit hoher Empfindlichkeit nachweisen. Mit diesem aus 380 000 t Tetrachloräthen bestehenden Detektor liessen sich erstmals solare Neutrinos messen. Dieses Experiment lieferte nach 30 Jahren Laufzeit lediglich 33 % des erwarteten Neutrinoflusses. Das in den 90er Jahren ebenfalls nach einem radiochemischen Prinzip arbeitende Experiment GALLEX registrierte 60 %, das nach demselben Verfahren arbeitende Experiment SAGE kam auf 50 %. Diese zu geringen Flüsse werden im allgemeinen durch Neutrinooszillationen gedeutet.
Bei dem zweiten wichtigen Nachweisprinzip für Neutrinos nutzt man aus, dass ein Elektron nach elastischer Streuung mit einem Elektron in einer Flüssigkeit Tscherenkow-Strahlung aussendet. Dieses Prinzip wurde in dem japanischen Detektor Kamiokande und seinem vergrösserten Nachfolger Super-Kamiokande erfolgreich umgesetzt. Mit diesen Detektoren gelang der Nachweis von Sonnenneutrinos und von einigen Neutrinos von der Supernova 1987A. Super-Kamiokande registrierte nur 46 % des erwarteten solaren Neutrinoflusses.
Die beschriebenen Detektoren unterscheiden sich insbesondere in einer unteren Energiegrenze der nachweisbaren Neutrinos. Diese unteren Energieschwellen betragen bei GALLEX und SAGE 0,236 MeV, beim Chlor-Experiment 0,814 MeV und bei Kamiokande 7,3 MeV.
Motiviert durch die Erfolge dieser ersten Generation von Neutrinodetektoren wurden in den 90er Jahren eine Reihe weiterer Neutrinoteleskope geplant und gebaut (siehe Tab.). Einige von ihnen sollen dann Neutrinos nachweisen, die nicht von der Sonne, sondern von anderen Himmelskörpern wie Supernovae kommen. Am weitesten fortgeschritten sind hier die Projekte Baikal und das Antarctic Muon and Neutrino Detector Array, AMANDA. Sie bestehen aus mehreren hundert bis tausend Lichtdetektoren, die im Baikal-See bzw. im Eis der Antarktis Tscherenkow-Strahlung nachweisen sollen. In der Endstufe soll AMANDA aus bis zu 5 000 Detektoren bestehen, die ein Volumen von 3 km3 abdecken.
Neutrinoastronomie: Im Betrieb und im Bau befindliche Neutrinoteleskope.
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Name |
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Standort |
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Nachweisprinzip |
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Inbetriebnahme |
Chlor-Experiment |
Homestake-Mine, USA |
radiochemisch |
1967 |
Gallium-Neutrino Observatory, GNO1) |
Gran Sasso, Italien |
radiochemisch |
1998 |
SAGE |
Baksan-Mine, Kaukasus |
radiochemisch |
1990 |
Super-Kamiokande |
Kamioka-Mine, Japan |
Tscherenkow |
1996 |
Sudbury Neutrino Observatory, SNO |
Sudbury, Kanada |
Tscherenkow |
1999 |
Borexino |
Gran Sasso, Italien |
Tscherenkow |
2001 |
Antarctic Muon and Neutrino Detector Array, |
Antarktis |
Tscherenkow |
ab 1999 |
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Baikal |
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Baikal-See |
bottom:
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Tscherenkow |
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ab 1997 |
1) Nachfolger von GALLEX
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