Brans-Dicke-Theorie, Jordansche
Theorie, Skalar-Tensor-Theorie der Gravitation, eine zur Allgemeinen
Relativitätstheorie alternative Gravitationstheorie, die zur Klasse der
metrischen Gravitationstheorien gehört, jedoch im Gegensatz zu Einsteins
Allgemeiner Relativitätstheorie nicht dem starken Äquivalenzprinzip gehorcht.
Sie wurde 1959 von P. Jordan und (unabhängig davon) 1961 von C.H. Brans und
R.H. Dicke entwickelt und basiert auf Überlegungen von E. Mach (Machsches
Prinzip), der darauf hinwies, dass Trägheitskräfte von der Beschleunigung des
betrachteten Objekts relativ zu anderen Massen abhängen, und daher träge und
gravitative Masse von der Materieverteilung im Universum bestimmt sein können.
Da in Experimenten jedoch nur das Produkt aus Masse m
und Gravitationskonstante G gemessen werden kann,
ist dies gleichbedeutend mit einer räumlich und zeitlich veränderlichen
Gravitations-"Konstante". In der Jordan-Brans-Dicke-Theorie wird dies
dadurch manifest, dass die Geometrie der Raumzeit nicht nur von dem metrischen
Tensor, sondern zusätzlich von einem skalaren Gravitationsfeld f
und dessen Ableitungen bestimmt ist (Skalar-Tensor-Theorie). Die Verteilung der
Materie, gegeben durch den Energie-Impuls-Tensor , bestimmt f
durch die Wellengleichung
wobei w die dimensionslose Kopplungskonstante der
Theorie ist. Die Gravitationskonstante G ist
umgekehrt proportional zum Mittelwert von f. Ein wichtiger
Unterschied zur Allgemeinen Relativitätstheorie ist eine um ca. 10 % abweichende
Vorhersage der Periheldrehung des Merkur. Dies ermöglicht zwar grundsätzlich
eine experimentelle Überprüfung der Theorie, jedoch können Abweichungen der
gleichen Grössenordnung auch im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie
erklärt werden, z.B. durch die Abweichung der Form der Sonne von einer Kugel
und dem damit verbundenen gravitativen Quadrupolmoment. Der durch
Präzisionsmessungen des gravitativen Quadrupolmoments der Sonne erhaltene Wert
von w
liegt in der Grössenordnung von eins, bei dem die Jordan-Brans-Dicke-Theorie mit
der Allgemeinen Relativitätstheorie übereinstimmt. Entscheidend bei der
experimentellen Überprüfung der Theorie war jedoch die Untersuchung des
Nordtvedt-Effekts, der im Unterschied zur Allgemeinen Relativitätstheorie eine
periodische Änderung des Abstands von Erde und Mond erwarten lässt. Durch die
Beobachtung des Abstandes mit einer Genauigkeit im Bereich von wenigen
Zentimetern kann heute die zuverlässige Abschätzung gemacht werden. Dieser Wert ist inkompatibel
mit anderen Experimenten, z.B. der Periheldrehung des Merkur, so dass die
Jordan-Brans-Dicke-Theorie heute als experimentell falsifiziert gilt.
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