Gentechnik. anwendungsorientierte Teilgebiete der biophysikalischen Chemie, der Molekularbiologie und der Mikrobiologie, die den Einsatz biologischer Systeme (Leben) im Rahmen chemisch-technischer Verfahren und industrieller Produktion behandeln. Das Ziel aller biotechnologischer Verfahren ist es, bestimmte Stoffwechselleistungen biologischer Systeme unter technischen Bedingungen zu optimieren und für ökonomische Zwecke zu nutzen. Verglichen mit synthetisch-chemischen Verfahren haben biotechnologische Methoden wichtige Vorteile: Wasser als Reaktionsmedium, geringer Energieverbrauch vor allem durch niedrige Reaktionstemperatur, einfache Ausgangsstoffe und hohe Ausbeute an komplizierten Verbindungen bei korrekter Stereospezifität. Wegen ihres schnellen Wachstums werden bevorzugt Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Pilze) und in beschränkten Umfang auch einzellige Algen eingesetzt. Zunehmend werden auch Zellkulturen höherer Tiere oder Pflanzen verwendet.
Biotechnologische Verfahren haben eine lange Geschichte (Brotsauerteig, alkoholische Gärung, Sauermilchprodukte, Penicillinherstellung während des zweiten Weltkrieges). Heute hat die klassische Biotechnologie Bedeutung in der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, für Grundchemikalien des Zellstoffwechsels, Pharmaka, Pflanzenwuchsstoffe und Mittel zur biologischen Schädlingsbekämpfung. Auch im Stoffrecycling (Klärung von Wasser, Müllaufbereitung) und zur Rohstoffgewinnung (Erzkonzentration) spielen biotechnologische Verfahren zunehmend eine Rolle.
Neuen Aufschwung erfuhr die Biotechnologie durch die Entwicklung der Gentechnologie (genetische Manipulation von Lebewesen mit dem Ziel der Veränderung von deren Morphologie und/oder Physiologie) und das Protein Engineering (Design von Proteinen de novo oder auf der Basis natürlicher Eiweisse zum Erreichen neuer Funktionalität wie höhere Thermostabilität und Löslichkeit oder eine veränderte enzymatische Spezifität). Damit ist es prinzipiell möglich, für gegebene Problemstellungen massgeschneiderte biologische Systemlösungen zu schaffen. Insbesondere im medizinischen Bereich ergeben sich damit völlig neue Anwendungen (Einwirkung bei genetisch verursachten Erkrankungen). Grosse Perspektiven hat auch die Anwendung von Erfahrungen, die dem Studium von Lebensformen unter extremen Bedingungen entstammen (Antifreeze-Proteine, Eisnukleations-Proteine, Thermophilie, Halophilie). Sowohl eine Reihe von wissenschaftlich-technischen Problemen der Biotechnologie (insbesondere Langzeiteffekte) als auch ethische Fragen sind bisher ungelöst, was einen sehr verantwortungsbewussten Einsatz neuer biotechnologischer Verfahren erfordert. [FE]
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