Relativitätstheorie und Gravitation, das Problem, dass gemäss dem Relativitätsprinzip der Speziellen Relativitätstheorie zwei zueinander inertial bewegte Uhren (die im Unterschied zum Zwillingsparadoxon nicht wieder zusammengeführt werden) jeweils verlangsamt gehen, d.h. zwei Beobachter der Uhren kommen beide zu dem Schluss, dass die jeweils zu ihnen bewegte Uhr gegenüber der eigenen verlangsamt geht. Wie aber passt dies zusammen? Manchmal wird unter dem Uhrenparadoxon auch bereits die Tatsache verstanden, dass eine relativistische Zeitdilatation überhaupt existiert. Dies ist aber lediglich ein Effekt der Speziellen Relativitätstheorie, der zwar unseren klassischen Vorstellungen von Raum und Zeit widerspricht, dem aber nichts Paradoxes anhaftet. Daher soll hier unter dem Begriff Uhrenparadoxon das zuerst genannte Problem verstanden werden.
Das Uhrenparadoxon ist kein wirkliches Paradoxon. Es kann wie folgt aufgelöst werden. Man betrachte zwei Inertialsysteme S und S\'. Letzteres möge sich gegenüber ersterem mit der Geschwindigkeit bewegen. Ferner betrachte man zwei Uhren, die jeweils in einem der beiden Inertialsysteme ruhen und zur Zeit koinzidieren. Ist nun auf der S-Uhr eine Zeiteinheit verstrichen, so zeigt die hierzu bewegte S\'-Uhr wegen der relativistischen Zeitdilatation weniger als eine Zeiteinheit an. Allerdings wird sie in »diesem Moment« (Gleichzeitigkeit bezüglich S!) nicht mit der ursprünglichen S-Uhr verglichen, sondern mit einer anderen Uhr aus S, da sie sich ja gegenüber der Ausgangslage ein Stück fortbewegt hat.
Aus der Perspektive von S\' stellt sich dieser Vorgang hingegen wie folgt dar. Zur Zeit koinzidieren beide Uhren. Dann bewegt sich die S-Uhr mit der Geschwindigkeit weiter, und nach einiger Zeit koinzidiert eine andere S-Uhr mit der S\'-Uhr. Jene zweite Uhr zeigt dann genau eine Zeiteinheit an, während die eigene, S\'-Uhr, weniger anzeigt. Wie ist das möglich, wo doch wegen der relativistischen Zeitdilatation aus der Perspektive von S\' die S-Uhren verlangsamt gehen? Es ist möglich, weil auf Grund eines anderen relativistischen Effektes, nämlich der Relativität der Gleichzeitigkeit, jene zweite S-Uhr zeitlich vorgeht. Alle S-Uhren sind zwar bezüglich S synchron, nicht aber bezüglich S\'. Dies erklärt, weshalb die zweite S-Uhr bei der Koinzidenz mit der S\'-Uhr eine grössere Zeit als diese anzeigt, obwohl sie verlangsamt geht: Sie hatte einen zeitlichen Vorlauf. Rechnet mann die hier beschriebene Situation quantitativ durch, so ergibt sich eine vollkommene Übereinstimmung.
Die Symmetrie zwischen beiden Beobachtern ist dadurch gebrochen, dass S eine Uhr aus S\' mit zwei Uhren aus seinem eigenen Inertialsystem vergleicht, während S\' eine Uhr aus seinem System mit zwei Uhren des anderen Systems vergleicht. So ist es trotz Relativitätsprinzip möglich, dass beide behaupten, die jeweils zu ihnen bewegten Uhren gingen verlangsamt. Das Paradoxon entsteht nur, wenn man den Effekt der Zeitdilatation isoliert betrachtet. Man muss aber auch die anderen relativistischen Effekte berücksichtigen.
Um diese Asymmetrie zu beseitigen und so zu versuchen, vielleicht ein echtes Paradoxon zu erzeugen, muss man einen Vergleich zweier Uhren am selben Raumpunkt herstellen. Das aber ist genau die Situation beim Zwillingsparadoxon und dessen Varianten. Allerdings zeigt auch dort eine genauere Analyse, dass kein echtes Paradoxon vorliegt, sondern sich bei korrekter Berücksichtigung aller relativistischen Effekte dieses auflösen lässt.
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