Klassische Mechanik, einfaches Modell zur Behandlung charakteristischer Eigenschaften der Gitterschwingungen. Der Aufbau eines Kristalls wird dabei vereinfacht dargestellt durch eine eindimensionale Anordnung von Massen, zwischen denen Kräfte wirken. Diese wirken einer Auslenkung aus der Ruhelage entgegen.
Ein Spezialfall der linearen Kette ist die AA-Kette mit
gleichen Massen und gleichen Kraftkonstanten. Hier sind identische Massen
in einem Abstand
durch die Kraftkonstante
miteinander gekoppelt (Abbildung 1). Für die
Auslenkungen
der Masse
sollen zyklische Randbedingungen gelten:
mit
. Damit
beschreibt man Kristalle mit nur einem Atom in der Einheitszelle. Mit der
Annahme, dass jeweils nur nächste Nachbarn miteinander wechselwirken, ergibt
sich für die Auslenkung
der komplexe Lösungsansatz einer
monochromatischen Welle
, für deren
Frequenz die Dispersionsrelation
gilt. Ihr Verlauf ist in Abbildung 2 wiedergegeben. Für kleine
Wellenzahlen gilt in erster Näherung
. Die
Verschiebungen
für die Wellenzahlen
und
(
ganze Zahl)
sind identisch, so dass man sich auf die erste Brillouin-Zone mit
beschränken kann. Da aus der
Periodizitätsbedingung
folgt, bedeutet dies ausserdem, dass es nur N physikalisch unterscheidbare Wellenzahlen und damit
Schwingungsmoden gibt. Für sehr grosse N kann man
die Kontinuumsvorstellung verwenden. Die Anzahl der möglichen Wellenzahlen in
einem Wellenzahlenbereich
ist dann durch
gegeben. Wenn
die Anzahl der möglichen Schwingungsmoden mit
Frequenzen zwischen
und
darstellt, gilt also:
(der Faktor 2 ist nötig, da k zur
selben Frequenz sowohl negativ als auch positiv sein kann).
Für die Frequenzverteilung der Schwingungsmoden der linearen Kette erhält man
wobei die maximal mögliche Frequenz darstellt
(Abbildung 3). Es gilt natürlich die Normierung
d.h. insgesamt sind N Schwingungsmoden erlaubt.
Die Variante der linearen Kette mit zwei unterschiedlichen
Massen (AB-Kette) lässt sich auf Kristalle anwenden, bei denen sich in der
Einheitszelle der Länge a zwei Atome mit
unterschiedlichen Massen und
in einem Abstand von
befinden (Abbildung 4). Der Ansatz mit ebenen
Wellen führt jetzt auf die Dispersionsrelation
deren Verlauf in Abbildung 5 wiedergegeben ist (: reduzierte
Masse). Im Gegensatz zur einatomigen Kette treten hier zwei getrennte Zweige
auf. Derjenige, dessen Frequenz bei kleinen Wellenzahlen k
nicht verschwindet, heisst optischer Zweig, den anderen, dessen Frequenz
proportional zu k verschwindet
, nennt man akustischen Zweig. Das Amplitudenverhältnis der
Auslenkungen der schweren und der leichteren Massen ergibt sich zu
Hieraus folgt, dass die Atome in einer Elementarzelle,
insbesondere im Fall langer Wellenlängen, bei den Frequenzen des akustischen
Zweiges gleichphasig () und bei den
Frequenzen des optischen Zweiges in entgegengesetzter Phase schwingen (
). Bei
schwingen im optischen Zweig die beiden
Teilgitter starr gegeneinander:
; für
am Rand der ersten Brillouin-Zone ruhen im
optischen Zweig die schweren Massen
(
), und die
leichten Massen
schwingen mit entgegengesetzter Amplitude.
Dagegen verharrt im akustischen Zweig das Teilgitter der leichten Massen in
Ruhe (
), während
die benachbarten Atome der schweren Massen im Gegentakt schwingen. Das
Gitterschwingungsspektrum einer linearen Kette mit den Massen
zeigt Abbildung 6.Die Berechnung der
Dispersionsrelation für Gitterschwingungen in dreidimensionalen Kristallen
verläuft vollkommen analog. Man erhält jedoch aufgrund der grösseren Zahl an
Freiheitsgraden auch mehr Zweige, nämlich stets drei akustische (zwei
transversale und einen longitudinalen) sowie
optische Zweige, wobei s
für die Anzahl der Atome in der Einheitszelle steht; für
also
Zweige (Abbildung 7). Bei den longitudinalen
Moden schwingen die Massen wie in dieser Betrachtung längs der Kette
(Longitudinalwellen), bei den transversalen Moden hingegen quer dazu
(Transversalwellen).
lineare Kette 1: Eine lineare Kette mit identischen Massen m und den Kraftkonstanten D zwischen nächsten Nachbarn. Der Abstand zweier Massen beträgt a.
lineare Kette 2: Dispersionsrelation für die lineare Kette mit
gleichen Massen. Der Abstand zwischen zwei erlaubten Wellenzahlen k beträgt .
lineare Kette 3: Gitterspektrum einer einatomigen linearen Kette.
lineare Kette 4: Zweiatomige lineare Kette mit den Massen m1 und m2. Die Kraftkonstante zwischen nächsten Nachbarn im Abstand a / 2 beträgt D.
lineare Kette 5: Dispersionsrelation einer zweiatomigen linearen Kette (dargestellt nur für k0). a) m1 < m2. b) m1 = m2. Die Brillouin-Zone wurde erweitert, weil die Elementarzelle bei zwei gleichen Massen verkleinert ist. Dieser Fall entspricht der einatomigen linearen Kette.
lineare Kette 6: Gitterspektrum einer zweiatomigen linearen Kette mit m1 < m2.
lineare Kette 7: Dispersionsrelation der Gitterschwingungen eines dreidimensionalen anisotropen Gitters mit zwei Atomen pro Einheitszelle. Dargestellt sind jeweils ein longitudinaler (L) und die beiden transversalen (T) Moden für den optischen (O) und den akustischen (A) Zweig.
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