Festkörperphysik,
Modellvorstellung zur Beschreibung von realen Einkristallen; wichtig bei der
kristallographischen Strukturbestimmung durch Röntgen- und Neutronenbeugung.
Ausgangspunkt ist die häufige Beobachtung vieler, meistens überlappender
Bragg-Reflexe (Bragg-Reflexion), wenn ein Einkristall durch einen
monochromatischen Strahl bei fester Detektorposition gedreht wird. Diese sog.
angulare Reflexbreite variiert von Kristall zu Kristall (typischerweise im
Bereich einiger Bogenminuten bis Grad) und übersteigt theoretische Werte für
perfekte Kristalle erheblich. Dies liegt an der strukturellen Unordnung realer
Kristalle, die verursacht wird vom Aufbau aus kleinen Kristalliten hoher
Perfektion, welche nicht exakt einander angepasst sind. Ein idealer
Mosaikkristall wird als ein Einkristall definiert, der aus vielen sehr kleinen
Bereichen (Mosaikblöcken) zusammengesetzt ist, die jeweils ein Idealgitter
(Idealkristall) besitzen, jedoch geringfügig gegeneinander verdreht bzw.
verschoben sind. Jeder Mosaikblock verhält sich gemäss dem Braggschen
Reflexionsgesetz; benachbarte Blöcke reflektieren jedoch unabhängig und ohne
feste Phasenbeziehung. Die Grösse der Blöcke wird dabei als so klein angenommen,
dass der Intensitätsverlust des einfallenden Strahles durch Erzeugung eines
gebeugten Strahles innerhalb eines Blockes (primäre Extinktion)
vernachlässigbar ist. Ideale Mosaikkristalle können theoretisch behandelt
werden; die integrierte Intensität eines Reflexes (hkl)
erweist sich als proportional zum Betragsquadrat des Strukturfaktors. Da die integrierte
Intensität bei einem perfekten Kristall nur proportional zu
ist, besitzen ideale Mosaikkristalle das
grössere Reflexionsvermögen. Reale Kristalle zeigen ein Verhalten zwischen
diesen beiden Grenzfällen. Die Mosaikblockgrösse ist stark von den
Herstellungsbedingungen abhängig; Abmessungen im mm-Bereich kommen dem idealen
Mosaikkristall nahe. Die Mosaikblockgrenzen können gedacht werden als
Kleinwinkelkorngrenzen oder andere Versetzungsanordnungen. Trotz seiner
Nützlichkeit stellt das Mosaikstruktur-Konzept nur eine erste Näherung bei der
Beschreibung realer Kristalle dar, weil Kristalldefekte sich nicht notwendigerweise
an speziellen Orten häufen müssen, so dass eine klare Aufteilung in Mosaikblöcke
nicht immer möglich ist.
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