Physik im Alltag, Sammelbezeichnung für vermeintlich übernatürliche Erscheinungen, für die aber eine physikalische Erklärung oder Erklärungsmöglichkeit existiert. Legenden und Wunder sind für die Geschichte der Physik insofern besonders interessant, weil sich an ihnen der Sichtwechsel von einer von Geistern und Göttern zu einer von Naturgesetzen bestimmten Welt zeigt.
Die Geophysik und die Atmosphärische Optik (Optik, atmosphärische) sind eine besonders reiche Quelle von Legenden und Wundern; durch das physikalische Phänomen der Lichtbrechung lassen sich z.B. die »Mermänner« (siehe Abb. 1) erklären, für die Wikinger waren sie Unheilsboten. Ein geophysikalisches Beispiel ist »singender Sand« (siehe Abb. 2), der nicht Folge des Wirkens von Wüstengeistern ist, sondern von besonderen (und nicht vollständig verstandenen) Wellenphänomenen beim Rutschen von Sand.
Die Elektrodynamik ist der Bereich, aus dem man sich Klärung des Phänomens von Kugelblitzen erhoffen kann, immer wieder bei Gewittern beobachteter leuchtender Erscheinungen, meist etwa von Orangengrösse und von einigen Sekunden Dauer. Zunächst lange geleugnet, dann als optische Täuschung »wegerklärt«, versucht man sie heute als Effekt der Magnetohydrodynamik zu verstehen. Eine immer wieder berichtete Beobachtung, dass sie läutende Glocken zum Stillstand brächte, lässt sich über Wirbelstrombremsung erklären und erlaubt, die beteiligten Magnetfelder zu 10 T in 1 m Abstand vom Zentrum abzuschätzen; dieser Effekt ist aber sowenig geklärt wie überhaupt die Entstehung von Kugelblitzen.
Thermodynamik und Physikalische Chemie sind weitere Gebiete mit vielen Beispielen für Legenden und Wunder. Das Gehen auf glühenden Kohlen verstehen wir heute im wesentlichen als Wirkung des Leidenfrost-Phänomens. Das Wunder des brennenden Dornbusches schliesslich könnte seine natürliche Erklärung durch den Diptam finden, einen mediterranen Busch, der ätherische Öle in so hoher Konzentration abgibt, dass es an heissen Tagen zur Selbstentzündung kommen kann.
Legenden und Wunder 1: Walross (links) und sein bei einer bestimmten Temperaturschichtung erscheinendes Bild, gesehen aus 700 m Entfernung (rechts).
Legenden und Wunder 2: a) Dröhnender Sand erzeugt tiefe Geräusche aus einem Spektrum benachbarter Frequenzen, b) die relative lange andauern.
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