Atom- und Molekülphysik, von W. Kossel 1924 vorhergesagter und 1935 experimentell nachgewiesener Effekt der »Röntgeninterferenzen aus Gitterquellen«. Durch Beschuss mit hochenergetischen Elektronen oder Protonen bzw. durch Einstrahlen von Röntgenstrahlung werden Atome einer kristallinen Probe zur Emission charakteristischer Röntgenstrahlung angeregt. Die Emission dieser Strahlung erfolgt isotrop. Ein Teil der Strahlung, für den die Bragg-Bedingung
(Braggsches Reflexionsgesetz) erfüllt ist, wird unter dem Bragg-Winkel nhkl reflektiert. Die Indizes hkl bezeichnen dabei die Netzebenen des Kristalls, dhkl ist der Abstand der Netzebenen mit Indizes hkl, l die Wellenlänge der Röntgenstrahlung und n die Beugungsordnung. Interferenz der isotrop emittierten Primärstrahlung mit der an den Netzebenen reflektierten Strahlung führt zu Intensitätsmaxima der vom Kristall emittierten Röntgenstrahlung. Diese Maxima haben die Form eines Kegels, dessen Spitze im Emissionszentrum liegt und dessen Achse senkrecht auf den Netzebenen des Kristalls steht. Der Effekt wird in der Abbildung verdeutlicht. Ein Einkristall wird mit Elektronen oder Protonen beschossen. Die vom Kristall emittierte Röntgenstrahlung wird mit einem Film detektiert. Je nach Orientierung des Kristalls und des Films werden bestimmte Schnitte des Kossel-Kegels nachgewiesen. In der in der Abbildung gezeigten Geometrie hätte die detektierte Röntgenstrahlung die Form eines Kreises, da die Filmebene senkrecht zur Kegelachse steht.
Aus der Analyse der Reflexe des Kossel-Effekts lassen sich Informationen über Orientierung, Symmetrie und Gitterkonstanten des untersuchten Kristallvolumens gewinnen. Ebenso lassen sich mit der Methode Abweichungen von einer bestimmten Kristallsymmetrie, wie z.B. tetragonale Verzerrungen des kubischen Gitters, nachweisen.
Kossel-Effekt: Schema zur Verdeutlichung des Kossel-Effekts.
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