das gravitative Gleichgewicht grosser Teile der Erdkruste, welche auf dem dichteren Material des nachgiebigen obersten Erdmantels, der Asthenosphäre, »schwimmen«. Eine diesbezügliche Theorie wurde abgeleitet aus der astronomisch-geodätischen Vermessung der Erde am Rand von Gebirgsmassiven, beispielsweise der Anden, durch Pierre Bouguer 1735 bis 1745, bei der die durch die Massenanziehung des Gebirgskörpers bedingte Lotabweichung geringer ausfiel als aus der Gebirgsmasse zu erwarten wäre. 1855 schlossen J.H. Pratt und Sir George Airy hieraus auf ein Dichtedefizit im Untergrund der Gebirge und stellten zwei separate Hypothesen zur Erklärung dieses Effektes auf, für den 1889 erstmals der Begriff Isostasie verwendet wurde. Dabei entspricht das Massendefizit im Untergrund etwa der Masse des aufsitzenden Gebirgskörpers und folgt damit dem Archimedischen Prinzip, nach dem ein in einer ruhenden Flüssigkeit schwimmender Körper ein seiner Masse äquivalentes Flüssigkeitsvolumen verdrängt. Dieses Prinzip lässt sich auf die Lithosphäre und die in ihr enthaltenen Gebirgsmassive übertragen, die im isostatischen Gleichgewicht bis zu einer sogenannten Ausgleichstiefe in das dichtere Material der Asthenosphäre eingesunken ist. Ausser in geodynamisch aktiven Zonen der Erde (Plattentektonik, globale), in denen es zu keinem isostatischen Ausgleich kommt (isostatische Schwereanomalien), wird unterhalb der Ausgleichstiefe der Auflastdruck pro Flächeneinheit nur noch durch seine hydrostatische Komponente bestimmt. Diese weniger dichte »Gebirgswurzel« stellt damit gegenüber dem umgebenden dichteren Mantelmaterial ein Massendefizit dar und trägt durch ihren Auftrieb die herausragenden Gebirgsteile.
Nach Pratt besitzt ein Gebirgskörper eine einheitliche Ausgleichstiefe. Die unterschiedliche Höhe einzelner Gebirgsteile beruht dann auf stoff- und temperaturbedingten Dichtevariationen im Material (siehe Abb. 1). Airy dagegen nimmt für die »schwimmende« Kruste eine einheitliche Dichte an, wodurch, ähnlich einem Eisberg, höheres Herausragen einzelner Gebirgsteile durch gleichzeitiges tieferes Eintauchen kompensiert wird (siehe Abb. 2).
In der Natur finden sich Hinweise auf beide Modelle. Aus seismischen Krustenuntersuchungen (Seismologie) ist ersichtlich, dass, im Sinne von Airy, die Kruste-Mantel-Grenze in ihrer Tiefenlage in groben Zügen ein Spiegelbild der Oberflächentopographie mit mächtigen Wurzeln unter den jungen Gebirgszügen (z.B. 50-60 km unter den Alpen) und dünner Kruste unter den Ozeanen liefert. Es gibt jedoch, z.B. in Kanada, auch starke Variationen der Krustenmächtigkeit ohne eine Entsprechung im topographischen Relief. Dort müssen zusätzlich laterale Dichtevariationen (Pratt-Modell) zur Isostasie beitragen. Isostatische Ausgleichsbewegungen fanden und finden auch im Zuge des eiszeitlichen Auf- und Abbaus von Gletschermassen statt. So hat sich Skandinavien seit dem Abschmelzen der letzten Inlandsvereisungen vor etwa 10 000 Jahren um etwa 270 m gehoben. Dieser Prozess, der als postglaziale Hebung bezeichnet wird, findet heute noch statt. Im Zentralbereich des Bottnischen Meerbusens wird z.B. eine Hebung von 1 cm pro Jahr beobachtet, was dort vermutlich zu einer weiteren Hebung von etwa 250 m führen wird.
Isostasie 1: Modell des isostatischen Ausgleichs nach Pratt: Die unterschiedliche Höhe einzelner Gebirgsteile auf einer einheitlichen Basis beruht auf Dichteunterschieden im Material.
Isostasie 2: Modell des isostatischen Ausgleichs nach Airy: Die unterschiedliche Höhe einzelner Gebirgsteile mit gleicher Dichte beruht auf unterschiedlich tiefem Eintauchen der Säulen in das Untergrundmaterial.
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