inflationärer Kosmos, ein kosmologisches
Modell des sehr frühen Universums, das eine Veränderung bzw. Erweiterung des
Standardmodells der Kosmologie darstellt. Die grundlegende Vorstellung der
Inflation besteht darin, dass die Skalenfunktion a(t)
des Universums (Robertson-Walker-Metrik) in der Zeit t
= 10-35-10-31 s nach dem Urknall
eine Phase der exponentiellen Expansion durchlief, in der der Radius des Universums um
ca. das 1043-fache
gewachsen ist. Für t > 10-30 s geht das
inflationäre Modell in das (materiedominierte) Standardmodell über, und die
Expansion verläuft nur noch wie a ~ t1/2.
Das Modell fand unter Kosmologen sehr schnell grosse Akzeptanz, weil es
verschiedene Probleme der Standard-Urknalltheorie löste. Hierzu zählt
insbesondere das Horizontproblem: Zwei Bereiche, die heute am Himmel zwei Grad
oder mehr voneinander entfernt sind, waren etwa 300 000 Jahre nach dem Urknall,
als die kosmische Hintergrundstrahlung frei wurde, so weit voneinander
entfernt, dass sie wegen der endlichen Lichtlaufzeit nicht in kausalem Kontakt
gestanden haben können und somit auch kein Temperaturausgleich zwischen ihnen
stattgefunden haben kann. Aus der beobachteten Isotropie der
Hintergrundstrahlung geht jedoch hervor, dass in dem damaligen Urgas überall
eine überraschend homogene Temperaturverteilung von etwa (4000 ± 10-5) K geherrscht haben
muss. Das Modell des inflationären Universums erkärt dies so: Während der inflationären
Phase erfolgte die Expansion so rasch, dass sich ein ehemals kausal
zusammenhängender Bereich weit über die Grösse des heute beobachtbaren
Universums ausdehnte. Dadurch konnte vor
der Inflation in diesem Bereich ein Temperaturausgleich stattfinden, weil hier
noch alle Punkte eine kausale Wechselwirkung eingehen konnten. Nach der
Inflation waren sie hierfür bis
heute zu weit voneinander entfernt. Dies
würde bedeuten, dass unser heute beobachtbares Universum nur einen Bruchteil des
gesamten Universums darstellt.
Was die inflationäre Phase ausgelöst haben könnte, ist nicht klar. Möglicherweise war ein Phasenübergang bei der Abspaltung der elektroschwachen Wechselwirkung von der starken Wechselwirkung, wie er von Grossen Vereinheitlichungstheorien (GUT) gefordert wird, hierfür verantwortlich. Er sollte etwa 10-35 s nach dem Urknall bei einer Energie von 1016 GeV, entsprechend einer Temperatur von 1029 K, aufgetreten sein.
Die Theorie des inflationären Universums wird ständig weiterentwickelt. So kam später das spekulative Szenario der chaotischen Inflation hinzu. Hiernach könnte es einen chaotischen »Schaum« vieler unabhängiger Universen gegeben haben, die mehr oder weniger stark einer Inflation unterworfen waren. Sie existierten unabhängig voneinander, und in ihnen herrschten unterschiedliche physikalische Verhältnisse.
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