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holographische Interferometrie

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Irene Kramer-Schwenk

holographische Messtechnik, bei der mit den Methoden der Holographie und Interferometrie Veränderungen eines Objekts mit höchster Präzision vermessen werden können. Das Prinzip beruht darauf, ein Objekt mit einem Hologramm seiner selbst zu vergleichen. Wird nach der Entwicklung des Hologramms eines Objekts im »Originalzustand« das Objekt wieder genau so positioniert wie bei der Belichtung, dann werden die Wellenfelder von Objekt und Hologramm bei der Beleuchtung mit dem Referenzstrahl überlagert. Ist das Objekt gegen den Originalzustand verdreht, verschoben oder verformt, dann entsteht für den Betrachter ein Bild des Objekts mit einem Interferenzmuster auf der Oberfläche, das den Abweichungen zwischen Hologramm und Objekt entspricht. In diesen Interferenzmustern, die Höhenlinien auf einer Landkarte ähneln, bedeuten helle Zonen eine relative Verschiebung der Oberfläche um ein ganzzahliges Vielfaches der Referenzstrahl-Wellenlänge, so dass sich die Verschiebungslängen für jeden einzelnen Punkt des Objekts berechnen lassen.

Der erste grosse Vorteil der holographischen Interferometrie gegenüber der herkömmlichen Messtechnik (Photogrammetrie) ist, dass die Oberflächen nicht extrem plangeschliffen sein müssen, sondern jede beliebige Form und Struktur haben können, was insbesondere für die meisten industriellen Anwendungen notwendig ist. Der zweite grosse Vorteil ist die erreichbare Auflösung, die weit jenseits aller photometrischen Methoden liegt. Auch ohne spezielle hochauflösende Methoden lassen sich elastische Oberflächenveränderungen im Sub-Mikrometer-Bereich untersuchen, die in der industriellen Qualitätskontrolle und in der Analyse von dynamischen Prozessen (z.B. Vibrationen) von besonderer Bedeutung und mit nicht-holographischen Methoden kaum nachzuweisen sind.

Die Real-Time-Holographie erlaubt die dynamische Abbildung minimaler Objektbewegungen: Bei der Verschiebung (bzw. Drehung oder Verformung) des mit dem Originalhologramm überlagerten Objekts kommt es für den Betrachter zum »Wandern« der Interferenzstreifen entsprechend der jeweiligen Abweichung vom Originalhologramm, wodurch sich beispielsweise geringste thermische Ausdehnungen von Werkstücken im zeitlichen Verlauf messen lassen. Flexibler ist die Time-Average-Holographie: Lineare Bewegungen und harmonische Oszillationen des Objekts bei der holographischen Aufnahme führen zu amplitudenabhängigen Intensitätsschwankungen. Für eine harmonische Schwingung ergeben sich mit steigender Auslenkung der Oberfläche abwechselnd Intensitätsmaxima und -minima, so dass die resultierenden Interferogramme ähnliche »Höhenlinien« zeigen, wie sie bei der quasi-stationären Verschiebung eines Objekts zu sehen sind. Allerdings entstehen sie nicht durch Überlagerung der Wellenfronten zweier stationärer Bilder, sondern durch die zeitlich gemittelte Intensitätsverteilung der Wellenfront eines einzelnen, bewegten Objekts (Abb. 2). Die Time-Average-Holographie ist zur Analyse all solcher komplexen mechanischen Systeme fast unersetzlich geworden, deren Schwingungen sehr störend sein können, sich aber nicht berechnen oder anderweitig messen lassen, wie z.B. bei der Optimierung der Klangkörper musikalischer Instrumente, der Entwicklung von effizienteren und geräuschärmeren Motoren im Automobilbau oder der Beseitigung von Vibrationen in Präzisions-Fertigungssystemen (etwa beim Schleifen von Brillen und Linsen).

holographische Interferometrie

holographische Interferometrie 1: Prinzip der Time-Average-Holographie an einer kreisförmigen, schwingenden Membran; a) die Seitenansicht, b) die zugehörige Helligkeitsverteilung des Hologramms in der Aufsicht.

holographische Interferometrie

holographische Interferometrie 2: Time-Average-Holographie: Resonanzkörper einer akustischen Gitarre

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