1) Otto, Kernchemiker, *8.3.1879 Frankfurt/Main, 28.07.1968 Göttingen; Schulausbildung und Abitur in Fankfurt; anschliessend Studium der Chemie in Marburg, München und wieder Marburg; Promotion 1901 bei Theodor Zincke (1843-1928) in Marburg mit einer Arbeit über »Bromderivate des Isoeugenols«. Nach Ableistung des Militärdienstes war Hahn von 1902 bis 1904 als Vorlesungsassistent bei Zincke. Im Herbst 1904 reiste er nach England; durch Empfehlung seines Marburger Doktorvaters Zincke wurde er von William Ramsay (1852-1916) am University College London aufgenommen und in das neue Forschungsgebiet der Radioaktivität eingewiesen. Vor die Aufgabe gestellt, eine Atomgewichtsbestimmung des Radiums vorzunehmen, entdeckte Hahn »rein zufällig« einen bisher unbekannten, stark strahlenden Stoff, das Radiothorium (228Th). Derart als Forscher ausgewiesen wurde Hahn für das darauffolgende akademische Jahr zu E. Rutherford an die McGill-University in Montreal (Kanada) vermittelt, wo er die typische, aus einer Synthese chemischer und physikalischer Verfahren bestehende Arbeitsmethodik der Radioaktivitätsforschung erlernte. Mit der Reichweitenbestimmung von Alphastrahlen gelang ihm die Entdeckung des Radioactiniums (227Th) sowie des Thoriums C\' (212Po). Von Rutherford wurde Hahn an das chemische Institut von Emil Fischer (1852-1919) an der Universität Berlin vermittelt, wo er sich habilitierte und 1910 Professor wurde. 1912 übernahm Hahn die Leitung der von Fischer initiierten Abteilung für Radioaktivität am 1911 gegründeten Kaiser Wilhelm-Institut (KWI) für Chemie in Berlin-Dahlem. Seit 1907 arbeitete Hahn bereits mit Lise Meitner (1878-1968) zusammen, die 1917 eine eigene physikalische Abteilung am KWI für Chemie erhielt. 1907 gelang Hahn die Entdeckung des Mesothoriums (228Ra), ferner 1917 gemeinsam mit Meitner die Entdeckung des Protactiniums (231Pa); 1921 folgte die Entdeckung der Kernisomerie am Uran Z (234Pa). Mit dem Aufschwung der Radioaktivitätsforschung durch die Entdeckung des Neutrons (Chadwick 1932), der künstlichen Radioaktivität (Joliot-Curie 1934) und der thermischen Neutronen (Fermi 1934) wandte sich Hahn auf Anregung Meitners und mit Unterstützung durch den Chemiker F. Strassmann der Untersuchung der Folgeprodukte zu, die durch Neutronen-Bestrahlung aus Uran und Thorium entstehen. Bei ihren Bestrahlungsversuchen glaubten Hahn und Strassmann zunächst Radium (Z = 88) gefunden zu haben, was sich jedoch als das dem Radium chemisch verwandte Barium (Z = 56) erwies. Damit war Ende 1938 klar, dass Uran bei der Bestrahlung mit Neutronen in zwei nahezu gleich grosse Bruchstücke zerplatzen kann. Gemeinsam mit ihrem Neffen, dem Physiker O. R. Frisch, entwickelte L. Meitner eine physikalische Deutung des Spaltprozesses, die auf der Grundlage des Tröpfchenmodells argumentiert. Nahezu zeitgleich hatte N. Bohr anlässlich einer in den USA stattfindenden Physikertagung von der Neuigkeit berichtet; die amerikanischen Physiker stürzten in ihre Labore, um die Resultate von Hahn, Meitner und Strassmann mit den physikalischen Methoden nachzuprüfen, was eindrucksvoll gelang. Während des Krieges widmete sich Hahn primär der radiochemischen Identifizierung der aus der Uranspaltung hervorgehenden Produkte; am Projekt der deutschen »Uranmaschine« (Reaktor) aber war Hahn, obgleich Mitglied des »Uranvereins«, nicht direkt beteiligt. Anfang 1945 wurde Hahn von den alliierten Truppen in Tailfingen (Württ.) verhaftet und in Farm Hall (England) interniert, wo er im August 1945 vom Abwurf der ersten Atombomben erfuhr; ein Ereignis, das ihn zutiefst erschütterte, da er es als eine Folge seiner eigenen Forschungsarbeit ansah. Noch im selben Jahr wurde ihm der Nobelpreis für Chemie des Jahres 1944 verliehen. Nach der Rückkehr nach Deutschland war Hahn fast nur noch wissenschaftsorganisatorisch tätig. Als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) von 1946 bis 1960 war er massgeblich am Wiederaufbau der Forschung in Deutschland beteiligt. Politisch wirksam wurde sein Engagement gegen die nukleare Aufrüstung, besonders gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr; Hahn gehörte zu den Initiatoren und Mitunterzeichnern der Göttinger Erklärung (1957). Er starb am 28. Juli 1968 in Göttingen.
2) Philipp Matthäus, deutscher Feinmechaniker, *25.11.1739 Scharnhausen, 2.5.1790 Echterdingen; evangelischer Pfarrer; begründete die württembergische feinmechanische Industrie; baute unter anderem Uhren aller Art (auch Sonnenuhren) und Planetarien; konstruierte 1775 eine der ersten Neigungswaagen und 1778 die erste funktionierende Vierspezies-Rechenmaschine, die ab 1780 in grösseren Stückzahlen hergestellt wurde.
Hahn, Otto
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