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Atombombe

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Julian Schultheiss

unpräzise Bezeichnung für Kernspaltungsbombe, reaktorphysikalisch gesehen ein unkontrollierter, stark überkritischer, schneller Reaktor. Der Sprengkörper der Atombombe besteht aus praktisch reinem Spaltstoff 235U oder 239Pu.

Die Explosion in Form einer nukleare Kettenreaktion kann nur erreicht werden, wenn nicht zu viele der durch Spaltung entstandenen Neutronen verloren gehen, insbesondere nach aussen entweichen, ohne dass sie neue Spaltungen auslösen. Dazu muss die Bombe hinreichend gross sein. So ist in einer Kugel aus reinem 235U mit einem Radius von 8,4 cm und damit 46,4 kg Gewicht eine Kettenreaktion mit schnellen Neutronen aufrechtzuerhalten. Dies ist die kritische Masse, die durch einen Reflektor, der die Neutronen zurückwirft, auf etwa 16 kg verringert werden kann.

Ein technisches Problem der Bombe besteht darin, die Kettenreaktion erst zum gewünschten Zeitpunkt in Gang zu setzen; dazu teilt man die kritische Masse in unterkritische Massen auf und ordnet diese räumlich getrennt voneinander an. Erst im Moment der Zündung der Bombe werden die zunächst in ausreichendem Abstand voneinander gelagerten unterkritischen Teilmassen des Kernbrennstoffs im Wege einer mit konventionellem Brennstoff erzeugten konzentrisch nach innen wirkenden Explosion mit einer Geschwindigkeit von mehreren Kilometern pro Sekunde (etwa zehnfache Schallgeschwindigkeit) aufeinander geschossen, worauf innerhalb von 10-9 s die Explosion erfolgt.

Bei vollständiger Spaltung, die praktisch aber nicht erreichbar ist, entsteht je Kilogramm 235U eine Energie, die 20 000 t des herkömmlichen Sprengstoffs Trinitrotoluol (TNT) entspricht. Die Sprengkraft beruht auf der auftretenden Hitze- und Druckwelle. Ausserdem entsteht eine sehr intensive Neutronen- und Gammastrahlung.

Die ersten Kernspaltungsbomben, die gleichzeitig auch die bisher einzigen in militärischen Auseinandersetzungen eingesetzten geblieben sind, wurden im Rahmen des vom amerikanischen Präsidenten F. D. Roosevelt unter anderem auf ein Schreiben von A. Einstein vom 6. August 1939 hin initiierten Manhattan-Projekts gefertigt. Das Projekt, an dem zeitweilig 120 000 Personen mitwirkten, beanspruchte einen Etat von zwei Mrd. Dollar; bis 1945 wurde es von J. R. Oppenheimer geleitet.

Der Sprengstoff der beiden in der letzten Phase des zweiten Weltkrieges eingesetzten Bomben bestand aus hoch angereichertem Uran bzw. Plutonium. Im Falle der Uranbombe wurde der geringe (0,7 %) Anteil an 235U mit Hilfe eines Trenndüsen-Diffusionsverfahren (Anreicherung) auf über 95 % gesteigert, was notwendig ist, um zu verhindern, dass zu viele der bei der Kernspaltung entstehenden Neutronen durch das Isotop 238U aufgebraucht werden. Das nicht in der Natur vorkommende spaltbare 239Pu wurde in einem Reaktor durch Beschuss von 238U mit Neutronen künstlich hergestellt.

Die Isotopenanreicherungsanlagen in Oak Ridge, Tennessee, lieferten den nuklearen Sprengstoff (235U) für die am 6. August 1945 über Hiroshima abgeworfene Bombe, deren Sprengkraft 12500 t TNT entsprach und durch die etwa 140000 Menschen getötet wurden. Dabei wurde rund 1 kg Atome gespalten, die Massenänderung machte nur etwa 1 g aus. Die Reaktoren in Hanford, Washington, und Savannah River, South Carolina, lieferten den nuklearen Brennstoff (239Pu) für die am 16. Juli 1945 in Alamogordo, New Mexico, ausgelöste erste Versuchs-Atombombe wie auch für die am 9. August 1945 über Nagasaki gezündete zweite militärisch eingesetzte Bombe mit 22 000 t TNT Sprengkraft, durch die etwa 100 000 Menschen den Tod fanden.

Mit ihrem unerhörten, bis dahin nicht gekannten Zerstörungspotential, mit dem sich ein Resultat physikalischer Grundlagenforschung als Bedrohung der gesamten Zivilisation darstellt, wurde die Atombombe nachgerade zum Sinnbild eines ganzen Zeitalters. Die Frage nach der Verantwortung des Naturwissenschaftlers für die Folgen seiner Entdeckungen, die sich heute auf vielen Gebieten der Forschung mit höchster Brisanz immer wieder von neuem stellt und die dabei oft kontrovers diskutiert wird, trat hier erstmals in vollem Umfang zutage. [HG1]

Atombombe

Atombombe: Schematischer Querschnitt.

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