Optik, kinematische Theorie (der Raumgitterinterferenzen), von M. v. Laue 1912 entwickelte Theorie zur Erfassung der Richtungen und Intensitäten der von dreidimensional periodischen Anordnungen (Raumgitter) gebeugten bzw. gestreuten Wellen. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Wellenlänge von gleicher Grössenordnung ist wie die Identitätsabstände. Im Gegensatz zur dynamischen Theorie werden die Mehrfachstreuung sowie die Wechselwirkung zwischen der einfallenden und abgebeugten Welle und die Schwächung der einfallenden Welle durch Ablenkung eines Teils des Energiestroms durch die Beugung vernachlässigt. Die Streuung wird als schwach vorausgesetzt und gegebenenfalls durch Korrekturfaktoren (Extinktions-, Absorptionsfaktor) berücksichtigt. Obwohl die kinematische Theorie wegen der Vernachlässigung nur näherungsweise gültig ist, ist sie wegen ihrer Einfachheit und Anschaulichkeit von grosser Bedeutung für Probleme, bei denen die Abweichungen von der exakten dynamischen Theorie unerheblich sind, z. B. für die Beugung von Röntgenstrahlen an relativ kleinen Kristallen mit Mosaikstruktur oder an Kristallpulver sowie für die Elektronen- oder Neutronenbeugung unter bestimmten Bedingungen. Bei der kinematischen Theorie wird vorausgesetzt, dass die lineare Ausdehnung eines Bereichs mit praktisch ungestörter Periodizität um etliche Zehnerpotenzen grösser ist als ein Identitätsabstand in derselben Richtung.
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