Festkörperphysik, erstmals 1895 von H.A. Lorentz aufgestelltes Modell für die Gesamtheit der Leitungselektronen in Metallen. Im Metall sind die Valenzelektronen wegen der geringen Ionisierungsenergie leicht von den Atomrümpfen abtrennbar, so dass sie sich als Elektronengas relativ frei durch das Kristallgitter bewegen können. Die freien Elektronen sind verantwortlich für die typischen physikalischen Eigenschaften eines Metalls, wie die hohe elektrische und Wärmeleitfähigkeit oder die Reflexion von elektromagnetischer Strahlung, worauf der metallische Glanz beruht. Viele Transporteigenschaften von Metallen können durch die einfache Annahme erklärt werden, dass sich die beweglichen Elektronen wie ein klassisches Gas verhalten, also ohne Berücksichtigung des Pauli-Prinzips und der Fermi-Dirac-Statistik, der die Elektronen gehorchen. So ist nach der Drude-Lorentz-Theorie die elektrische Leitfähigkeit s begrenzt durch die mittlere Flugdauer t eines Elektrons, bevor es einen Stoss mit z.B. Gitteratomen oder anderen freien Elektronen erleidet. Die Leitfähigkeit eines Gases aus n Elektronen pro Volumeneinheit ist danach:
.s ist also, im Einklang mit dem Ohmschen
Gesetz, unabhängig von dem angelegten elektrischen Feld. Der wesentliche Faktor
bei den Transportgrössen, insbesondere bei der Temperaturabhängigkeit, ist die
mittlere freie Flugdauer t. Die Elektronenkonzentration in Metallen
hängt praktisch nicht von T ab. Bei den
verschiedenen Wechselwirkungen, denen die Elektronen unterliegen und durch die t
bestimmt ist, muss allerdings geklärt werden, inwieweit die Elektronen als
klassische Teilchen behandelt werden können. Entgegen der klassischen
Vorstellung wirken nicht etwa die periodisch angeordneten Gitteratome als
Streuzentren für die Elektronen, sondern hauptsächlich die Störungen des
idealen Kristallgitters durch z.B. Fremdatome und andere Gitterfehler sowie
durch thermisch angeregte Gitterschwingungen
(Elektron-Phonon-Wechselwirkungen). Eine wenn auch geringe Rolle spielen
Elektron-Elektron-Stösse. Das klassische Elektronengasmodell kann nicht den
Beitrag der freien Elektronen zur spezifischen Wärme eines Metalls erklären.
Hierzu müssen die Metallelektronen als Fermi-Elektronengas behandelt werden.
Klassisch betrachtet ist die mittlere kinetische Energie eines freien Elektrons
nach Gleichverteilungssatz Ekin = 3kBT/2. Bezogen auf 1 mol sollte daher der Beitrag des
Elektronengases zur spezifischen Wärme eines Metalls
(Rg: allgemeine
Gaskonstante) betragen. Im Experiment findet man jedoch Werte, die um etwa zwei
Grössenordnungen kleiner sind, als nach dem klassischen Modell erwartet wird.
Die Begründung liegt in den Eigenschaften der Fermi-Dirac-Verteilung der
Elektronen, nach der nur die Elektronen an der Fermi-Grenze thermisch angeregt
werden können und somit zur spezifischen Wärme beitragen. [TV]
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