Umwelt- und Geophysik, ENSO (El
Niño/Southern Oscillations), eine in Abständen von 2-10 Jahren meist zur
Weihnachtszeit auftretende Klimaanomalie im tropischen Pazifik (span. el Niño
»Christkind«), die auf Störungen im Ozean-Atmosphäre-System zurückzuführen ist
und weltweite Auswirkungen hat. Hauptmerkmal ist die Verdrängung des
normalerweise kalten, nährstoff- und fischreichen Meerwassers vor den Küsten
Perus und Ecuadors durch warmes, nährstoffarmes Meerwasser. Sie geht einher mit
einer Veränderung der Luftdruckverteilung im Südpazifik (Southern Oscillations,
s.u.), daher die Bezeichnung ENSO für das Gesamtphänomen.
Der vorherrschende Wind über dem äquatorialen Pazifik ist der Südostpassat,
dessen Stärke vom atmosphärischen Luftdruckunterschied zwischen dem
südostpazifischen Hochdruckgebiet und dem indonesischen Tiefdruckgebiet abhängt
(atmosphärische Zirkulation). Gekoppelte Veränderungen des Luftdrucks in diesen
Regionen wurden 1923/24 von Walker entdeckt und Southern Oscillations genannt.
Bei normaler Zirkulation erzeugt der Passatwind durch den Anstau der
Passatdrift (Meeresströmungen) am Malaiischen Archipel einen ostwärts
gerichteten Druckgradienten des Oberflächenwassers. Dieser Anstau bewirkt eine
Absenkung der Thermokline vor Südostasien auf ca. 200 m Tiefe, während sie vor
Südamerika auf ca. 50 m gehoben wird und dort den Aufstieg von kaltem
Tiefenwasser ermöglicht (obere Abb.). Während eines El-Niño-Ereignisses nimmt
nun in Verbindung mit einer Southern Oscillation die Stärke des Passatwindes
aus bisher ungeklärter Ursache erheblich ab. Daduch bricht der Druckgradient im
südpazifischen Oberflächenwasser zusammen bzw. kehrt seine Richtung sogar um,
so dass warmes Oberflächenwasser (als Kelvin-Welle) in Richtung Osten gelenkt
wird. Gleichzeitig sinkt die Thermokline vor Südamerika um ca. 50 m ab und
steigt vor Indonesien auf. Dadurch erwärmen sich die peruanischen
Küstengewässer, gleichzeitig führt dies zu heftigen Regenfällen in den sonst
extrem trockenen Gebieten im Westen Südamerikas und zu Trockenheit im sonst
sehr niederschlagsreichen Südostasien (untere Abb.). Es gibt Hinweise auf
weitere klimatische Auswirkungen ausserhalb des Pazifiks, wie z.B. extrem kalte
Winter in Nordamerika und Eurasien, extreme Dürre in der Sahelzone und
Australien und starke Regenfälle im Westen der USA. Besonders starke Ereignisse
traten 1982/83 und 1997 auf. [HJR]
El Niño: Schematische, idealisierte Darstellung des El-Niño/Southern-Oscillations-Phänomens. Oben: Normale Zirkulation mit oberflächennahen Südostpassaten und Absenkung der Thermokline im Westpazifik. Unten: Höhepunkt einer El Niño-Entwicklung: Absenkung der Thermokline im Ostpazifik, Umkehrung der atmosphärischen Zirkulation, Niederschläge und Erwärmung des Oberflächenwassers im Ostpazifik.
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