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atmosphärische Zirkulation

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Hermann Loring

atmosphärische Windsysteme, gross- oder kleinräumige Luftströmungen in der irdischen Atmosphäre auf (nahezu) geschlossenen Bahnen. Entsprechend dem Stockwerkaufbau der Atmosphäre (Atmosphäre, Stockwerkaufbau der) wird zwischen troposphärischer, stratosphärischer, usw. Zirkulation unterschieden.

Die troposphärische Zirkulation gliedert sich in Abhängigkeit von der geographischen Breite auf jeder Hemisphäre in drei vorherrschende grossräumige Strömungsmuster (s. Abb.). Angetrieben durch die Unterschiede in der solaren Einstrahlung ist ihre konkrete Ausprägung letztlich abhängig von der Stärke der Coriolis-Kraft und des meridionalen (d.h. parallel zu den Längenkreisen oder Meridianen verlaufenden) Temperaturgradienten und damit von der geographischen Breite. In den Tropen sind sowohl der meridionale Temperaturgradient als auch der Einfluss der Coriolis-Kraft klein, so dass sich eine relativ ungestörte konvektive Zirkulation ausbilden kann (Hadley-Zirkulation, Hadley-Zelle). Dabei steigt Luft im Bereich stärkster Erwärmung, in sogenannten hot towers, konvektiv auf, zum Teil bis in die Stratosphäre. Dabei kommt es zu Tropopausenbrüchen. Diese Luftmassen strömen dann polwärts und sinken bei etwa 30° nördlicher bzw. südlicher Breite ab, um bodennah zum Äquator zurückzufliessen. Durch die Coriolis-Kraft erfährt dabei die Höhenströmung eine Ablenkung in östlicher Richtung, welche ihren Höhepunkt im sogenannten Subtropenjet findet. Die Coriolis-Ablenkung der bodennahen Strömung, die auf beiden Hemisphären nach Westen gerichtet ist, führt zur Ausbildung der tropischen Passatwinde (Nordost- bzw. Südostpassat, Abb.). Das Zusammentreffen der südlichen und nördlichen Passatwinde kennzeichnet die sogenannte innertropische Konvergenzzone (ITC, nach englisch inner tropic conversion). An die Zone der Passatwinde schliesst sich polwärts der subtropische Hochdruckgürtel ("Rossbreiten") mit häufiger Windstille und stabilen Hochdruckgebieten an (z.B. das Azorenhoch).

Die mittleren Breiten (etwa 35° bis 70°) sind durch ein starkes meridionales Temperaturgefälle (etwa 3-10K pro 1000km) gekennzeichnet. Im Zusammenwirken mit der Coriolis-Kraft führt dies zur Ausbildung eines westwärts gerichteten thermischen Windes (Zone der Westwinddrift). Verglichen mit der Hadley-Zirkulation ist die Strömung in den mittleren Breiten jedoch sehr unbeständig, nur im Mittel folgt die Luftströmung einem grossräumigen Muster (Ferrel-Zirkulation, Ferrel-Zelle). Grossräumige wellenförmige Störungen in der Westwinddrift (barotrope und barokline Wellen, Rossby-Wellen) führen zur Ausbildung von Tief- und Hochdruckgebieten (Zyklogenese), die das Wettergeschehen in mittleren Breiten bestimmen.

Angetrieben durch eine grossräumige Abkühlung der Luft über den Eisflächen bilden sich über den Polargebieten Zirkulationssysteme mit bodennah westwärts und in der Höhe ostwärts gerichteten Winden aus. Die bodennahen zirkumpolaren Ostwinde werden auch als sog. Fallwinde (katabatische Winde) bezeichnet. Zwischen der polaren Zirkulation und der Zone der Westwinddrift entstehen im Bereich der sogenannten Polarfront im Tropopausenbereich Windströmungen mit bis zu 100km/s, die sogenannten Polarjets.

Die globalen Zirkulationssysteme sind aufgrund der unterschiedlichen Verteilung von Ozean-und Landmassen auf der Südhalbkugel klarer ausgeprägt als im Norden. Während die ITC prinzipiell eine effektive Barriere für den meridionalen Luftaustausch darstellt, trägt ihre jahreszeitliche Verlagerung wesentlich zur Vermischung der Luftmassen beider Hemisphären bei. Sie ist ausserdem die Ursache für die in den Tropen und Subtropen zu bestimmten Jahreszeiten auftretenden Monsun-Regenfälle. Ein weiteres wichtiges, saisonales Phänomen auf der Südhemisphäre sind die Southern Oscillations, die mit dem El Niño-Phänomen verbunden sind.

Die stratosphärische Zirkulation ist wegen ihrer stabilen Schichtung (atmosphärische Schichtung, Stratosphäre) wesentlich gleichmässiger als die troposphärische. Darüberhinaus führt die unterschiedliche solare Einstrahlung an Sommer- und Winterpol in Verbindung mit der stratosphärischen Strahlungsheizung zu grossen hemisphärischen Unterschieden: im Sommer liegen über der troposphärischen Westwinddrift stratosphärische zirkumpolare Ostwinde, während auf der jeweiligen Winterhalbkugel auch in der Stratosphäre ein (thermischer) Westwind vorherrscht. Von grosser Bedeutung für das Entstehen des stratosphärischen Ozonlochs (Ozon) ist der stratosphärische polare Winterwirbel (polar vortex), der vor allem über der Antarktis sehr stabil ist. Die vertikale Zirkulation durch die Tropopause erfolgt nur durch Tropopausenbrüche (Jetstream, Hadley-Zelle) und saisonales Heben und Senken der Tropopause mit einer mittleren Austauschzeit von ein bis zwei Jahren.

Generell nimmt die Windgeschwindigkeit in der unteren Stratosphäre mit der Höhe ab, erst in der hohen Stratosphäre steigt sie wieder an und erreicht in der Mesosphäre Maxima von bis zu 350km/h (z.B. im Polarnachtjet).  [TW2]

atmosphärische Zirkulation

atmosphärische Zirkulation: Globales Schema der atmosphärischen Zirkulation in der Troposphäre

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