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Reaktorunfall

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Hermann Loring

Kernphysik, ein schwerer Störfall in einem Kernkraftwerk, verbunden mit der Freisetzung von Spaltprodukten aus dem Reaktorkern und eventuell dem Sicherheitsbehälter. Er ist i.a. mit einer schweren Kernzerstörung verbunden. Dabei werden drei Kernzustände unterschieden: 1) Die Zustände im Kern überschreiten die in den Genehmigungsverfahren festgelegten Grenzwerte nicht, d.h. es bersten nur wenige Prozente aller im Kern befindlichen Stäbe. In allen Fällen bleibt der Reaktor kühlbar. 2) Mit steigender Temperatur der Brennelementhüllrohre kann der Hüllrohrwerkstoff Zirkaloy mit dem Dampf reagieren. Dies führt zu einer exothermen Reaktion und verstärktem Temperaturanstieg, bis der Schmelzpunkt des Hüllrohrwerkstoffes erreicht ist. Es treten verstärkte Reaktionen des Hüllrohrwerkstoffes mit dem Brennstoff, Abfliessen des geschmolzenen Zikaloys und Wiedererstarren in unteren Kernbereichen auf. Bei Zufügung von Wasser kann der Kern nach einiger Zeit trotz beträchtlicher Dampfproduktion wieder gekühlt werden. Der Störfall des 960 MW-Kraftwerkes TMI-2 Three mile island bei Harrisburg/USA am 28. März 1979 fällt in diese Kategorie. 3) Die Nachwärme und die Zirkon-Wasser-Reaktion heizen den Kern weiter auf. Teile der unteren Kernstruktur können versagen, und Schmelze fliesst in das noch im unteren Teil des Reaktordruckbehälters befindliche Wasser. Die möglicherweise auftretende Schmelze-Wasser-Wechselwirkung wird auch »Dampf-Explosion« genannt, die dadurch entsteht, dass fein verteilte Schmelztropfen schnell durch Wasser gekühlt werden und dadurch Dampf entsteht. Dieser Dampf beschleunigt Wasserschichten und zerstört Kerneinbauten. Dabei kann die Integrität des Reaktordruckbehälters gefährdet werden. Das im unteren Teil des Reaktordruckbehälters befindliche Wasser wird schliesslich verdampfen und die Schmelze den Boden des Reaktordruckbehälters aufschmelzen.

Der Unfall im Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl ist der bisher schwerste und folgenreichste Störfall in einer Nuklearanlage.

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