Ausdruck für den Grad der Stabilität bzw. Labilität atmosphärischer Luftmassen. Durch den Vergleich des aktuellen vertikalen Temperaturgradienten g = - (dT/dz)aktuell einer Luftsäule mit dem adiabatischen Temperaturgradienten G = - (dT/dz)adiabatisch , der aus der Temperaturänderung bei adiabatischem Heben oder Senken eines Luftpaketes im Schwerefeld der Erde folgt, lassen sich Aussagen über die vertikale Stabilität einer Luftschichtung machen. Für trockene Luft beträgt der trockenadiabatische Temperaturgradient etwa g = - dT/dz = g/cp » 1K/100m (g: Schwerebeschleunigung, cp: spezifische Wärme der Luft bei konstantem Druck). Für mit Wasserdampf gesättigte Luft kann sich g durch das Freiwerden von Kondensationswärme um bis zu 0,3K/100m erniedrigen (feuchtadiabatischer Temperaturgradient). Ist g > G, so besteht eine labile Schichtung. Diese ist gekennzeichnet durch eine turbulente Durchmischung der Atmosphäre bei gleichzeitigem nach oben gerichtetem Transport von Wärme. Die potentielle Temperatur q nimmt mit der Höhe ab. Bei stabiler Schichtung (g < G) ist die vertikale Durchmischung der Atmosphäre unterdrückt, und es erfolgt ein meist nur schwacher Wärmetransport von unten nach oben, q nimmt mit der Höhe zu. Ist g = G, so spricht man von einer neutralen Schichtung: Luftpakete, die in der Vertikalen bewegt werden, erfahren weder rücktreibende noch beschleunigende Kräfte.
Ein Extremfall einer stabilen Schichtung, eine Inversion, liegt dann vor, wenn dT/dz positiv ist, wenn also die Temperatur T selbst mit der Höhe zunimmt. Häufige Formen von Inversionen sind Subsidenz- oder Absinkinversionen (in Hochdruckgebieten), Grundschichtinversionen (im Bereich der planetaren Grenzschicht) und nächtliche Bodeninversionen (einige Meter oberhalb der Erdoberfläche). Oft tritt eine Selbstverstärkung von Inversionen durch die Anreicherung der Luft mit Wasserdampf und durch Nebelbildung ein. Dadurch wird einerseits die solare Einstrahlung schon oberhalb der Inversionschicht weitgehend reflektiert, andererseits kühlen sich die unteren Luftschichten durch verstärkte thermische Abstrahlung weiter ab. Inversionswetterlagen können insbesondere bei schwacher solarer Einstrahlung über längere Zeiträume (Tage bis Wochen) bestehen bleiben und zur Anreicherung von Luftschadstoffen in der bodennahen Atmosphärenschicht führen.
Wird neben dem vertikalen auch der horizontale Temperaturgradient berücksichtigt, so lassen sich Luftmassen auch bezüglich ihrer Neigung zu horizontalen Strömungen und Zirkulationen beurteilen. Verlaufen die Isothermen (Flächen gleicher Temperatur) und die Isobaren (Flächen gleichen Luftdruckes) in einer Luftmasse parallel zueinander, so liegt eine barotrope Schichtung vor, es treten keine horizontal gerichteten Kräfte auf. Sind Isobaren und Isothermen gegeneinander geneigt, so spricht man von barokliner Schichtung. In baroklin geschichteten Luftmassen führt das Auftreten von seitlich gerichteten Kräften zur Ausbildung horizontaler Strömungen. Barokline Schichtungen treten typischerweise im Bereich von Fronten zwischen Luftmassen unterschiedlicher Temperatur auf. Sie spielen auch bei der Entstehung von Zyklon-Antizyklon-Systemen (Zyklogenese) im Bereich der Westwinddriftzone eine entscheidende Rolle (atmosphärische Zirkulation). [TW2]
Atmosphärische Schichtung: Schichtungsstabilität von Luftmassen mit unterschiedlichen vertikalen Temperaturgradienten dT/dz (gestrichelte Linien I, II, III). Die durchgezogene Linie stellt den trockenadiabatischen Temperaturgradienten dar, die punktierte Linie den feuchtadiabatischen.
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