Festkörperphysik,
freie Weglänge, der von einem Teilchen im Mittel zurückgelegte Weg bis zum
Auftreten eines Stosses bzw. einer Wechselwirkung. Die mittlere freie Weglänge
hängt über mit der Teilchendichte N
und dem Wirkungsquerschnitt s für den jeweiligen Stossprozess zusammen. Die
Teilchen können dabei sowohl zum betrachteten System gehören, wie in der
kinetischen Gastheorie, als auch von aussen in die Substanz hineingeschossen
werden, wie bei der Bremsung schneller Teilchen. Die freie Weglänge eines
Gasmoleküls ist vom Druck und von der Temperatur abhängig, sie liegt für die
meisten Gase bei Atmosphärendruck und Zimmertemperatur in der Grössenordnung von
10-8 bis 10-7 m. Die freie Weglänge
eines Leitungselektrons in Metallen oder Halbleitern wird als diejenige Strecke
definiert, auf der das Elektron im Mittel seinen vom elektrischen Feld
erteilten Quasiimpuls an das Phononensystem abgegeben hat. Dabei kann das
Elektron ohne weiteres mehrere Male gestreut werden, bis dieser Fall eintritt
(Kleinwinkelstreuung). Bei reinsten Metalleinkristallen können mittlere freie
Weglängen l
³ 1 cm für T » 1,5 K erreicht werden. In dünnen Metallschichten wird die
freie Weglänge der Elektronen wesentlich durch die Reflexionen an den
Grenzflächen beeinflusst. Die entsprechende Vergrösserung der freien Weglänge
wird durch den Begriff der effektiven mittleren freien Weglänge erfasst. Sie
kann nach Thomson mit Hilfe der Beziehung
berechnet werden. Hierin
ist l0 die mittlere freie Weglänge der Elektronen ohne
Oberflächeneffekte. Die Dicke d ist der Abstand
zwischen den Grenzflächen der betrachteten dünnen, homogenen zusammenhängenden
Metallschicht. Für erleiden die meisten Elektronen nicht mehr in
erster Linie Zusammenstösse mit Restatomen, sondern vor allem mit den
Grenzflächen, zwischen denen sie hin und her geworfen werden. Für das
Verständnis des komplizierten Widerstands- und Wärmeleitfähigkeitsverhaltens
dünner Schichten ist die Berücksichtigung derartiger Weglängen-Effekte von
Bedeutung.
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