Vorhersage der Tertiärstruktur eines Proteins nur mit der Kenntnis der Aminosäuresequenz und unter Zuhilfenahme fundamentaler physikalischer Gesetzmässigkeiten. Die Ab-initio-Vorhersage ist eine der Herangehensweisen an die theoretische Berechnung der Proteinstruktur neben den mehr empirischen Techniken wie der Homologie-Modellierung oder des Threading. Sie basiert auf der Annahme, dass die native Raumstruktur des Eiweisses dem globalen Minimum der freien Energie des Systems "Protein-Lösungsmittel" entspricht und alle Information zur korrekten Faltung in der Aminosäuresequenz allein vorhanden ist. Dieses Postulat wird von den Denaturierungs-Renaturierungs-Experimenten kleiner Eiweisse unterstützt (Denaturierung). Zur Ab-initio-Vorhersage benötigt man (1) eine Energiefunktion der Atomkoordinaten, welche zwischen Konformationen hoher und niedriger Energie unterscheidet und bei der nativen Struktur das globale Minimum hat, sowie (2) ein Optimierungsverfahren, welches das globale Minimum einer Energielandschaft mit sehr vielen Minima ("Multi-Minima-Problem") mit hoher Sicherheit finden kann. Dabei muss die Energiefunktion ausreichend leicht zu berechnen sein, da die komplizierte Struktur der Energielandschaft die Bewertung vieler Millionen Konformationen schon bei Oligopeptiden erfordert. Während sich auf dem Gebiet der Optimierung eine Lösung durch bessere Computertechnik und vor allem durch algorithmische Fortschritte (effiziente stochastische Suchverfahren) abzeichnet, stehen entscheidende Schritte bei der Formulierung der Energiefunktion noch aus. Insbesondere Lösungsmitteleffekte werden noch zu ungenau beschrieben.
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