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Gezeiten

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Julian Schultheiss

Astronomie und AstrophysikUmwelt- und Geophysik, Tiden, periodische Schwankungen des Meeresspiegels, der Atmosphäre und der festen Erdkruste, die durch das Zusammenwirken der Anziehungskräfte von Sonne und Mond mit der Fliehkraft erzeugt werden (Abb.). Da bei der Bewegung des Systems Erde-Mond um den gemeinsamen Schwerpunkt alle Punkte auf der Erde die gleiche Bahn beschreiben, ist die damit verbundene Fliehkraft an allen Punkten der Erde gleich gross und gleich gerichtet. Dagegen ist die Anziehungskraft des Mondes von der Entfernung der Erde zum Mond abhängig und führt zu Gezeitenkräften, deren Variation etwa 2,4 · 10-7 der Schwerkraft beträgt. Sie werden mathematisch in einer Reihe nach den sog. Partialtiden entwickelt. Die vier wichtigsten sind die halbtägige Haupt-Mondtide M2 (Periode 12,42 h), die eintägige Hauptdeklinationstide K1 (23,93 h), die halbtägige Haupt-Sonnentide S2 (12,00 h) und die eintägige Haupt-Mondtide O1 (25,82 h).

Bei den Gezeiten des Meeres bezeichnet man das Ansteigen des Wasserspiegels als Flut, das Fallen als Ebbe. Der Tidenhub ist von Ort zu Ort sehr verschieden, da sich eine einheitliche Gezeitenwelle wegen der Kontinente nicht ausbilden kann. Bei ansteigendem Meeresboden und speziell an den Küsten steigt der Tidenhub stark an, besonders da, wo die Küstenumrisse trichterförmig zusammenlaufen. Hier kann es auch zu Resonanzerscheinungen kommen (z.B. Fundybai an der kanadischen Atlantikküste, Tidenhub bis 15 m). Die hohe Energie der Gezeitenströme wird in Gezeitenkraftwerken nutzbar gemacht.

Zur Vereinfachung des schwierigen Systems der Bewegungsgleichungen und zur Berücksichtigung des Einflusses von Meeresbodentopographie und Küstenlinien auf die Gezeiten wurden verschiedene Gezeitentheorien aufgestellt. Die Gleichgewichtstheorie von Bernoulli (1741) geht davon aus, dass sich der Meeresspiegel trägheitslos auf die Gezeitenkräfte einstellt. Die dynamische Gezeitentheorie von Laplace (1775) besagt, dass jede Partialtide eine Schwingung im Meer erzeugt. Heute erfolgt die Berechnung der Gezeiten mit Hilfe numerischer Verfahren auf der Grundlage der Gezeitenkräfte und unter Berücksichtigung der unregelmässigen Form der Meeresbecken.

Als Gezeiten des Erdkörpers bezeichnet man die durch die Wirkung der Gezeitenkräfte verursachten Deformationen des viskosen Erdkörpers (Amplitude bis 40 cm, in mittleren Breiten  9-21 cm). Die Deformation des Erdkörpers führt zu einer Verlängerung der Rotationsperiode und einer allmählichen Dissipation der Rotationsenergie in Wärme (Gezeitenreibung). Beobachtungen der Gezeiten des Erdkörpers dienen zur Untersuchung der inneren Struktur der Erde, insbesondere der elastischen Eigenschaften der Erdkruste.

Es gibt auch Gezeiteneffekte an anderen Himmelskörpern. Bei den sog. ellipsoidischen Veränderlichen umkreisen sich zwei Sterne in so geringem Abstand, dass sie sich zu Ellipsoiden verformen. Bei nahe aneinander vorbeifliegenden Galaxien bewirken Gezeitenkräfte, dass Gas aus den Sternsystemen herausgeschleudert wird. Markantes Beispiel hierfür sind die Antennengalaxien. [HJR, RVS, TB]

Gezeiten

Gezeiten: Zusammenspiel von Zentrifugal- und Gravitationsbeschleunigung beim Entstehen der Ebbe- und Flutberge.

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